Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
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GEZEICHNETER BAUM

Woher dies tiefe Bangen?

Woher dein Beben, Baum?

Ein Mahr hält dich umfangen. Wach auf! Dich quält ein Traum. Du wirst dein Laub erneuen;

dies macht der Frühling wahr. Und du wirst Frucht verstreuen im Herbst, wie jedes Jahr.

Mich hat ein Blick betroffen, der Prüfeblick des Herrn. Ihm lag ich hilflos offen

bis in des Stammes Kern. Nun sieh mich an und finde, vom kalten, scharfen Stahl gefurcht in meine Rinde, zwiefach das gleiche Mal.

Dem Sturze ist verfallen,

wer so gezeichnet ist.

Der Schlag der Axt wird fallen. Wer mißt die Gnadenfrist?

Ich darf nichts mehr verlangen. Die Zeit nimmt ihren Lauf.

Nur manchmal rauscht dies Bangen aus meiner Krone auf.

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