Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
90
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BABYLON

Hier das Land! Es hat vermessen

neu den alten Bau getürmt,

hat im Frevel wie besessen

Gottes Veste frech bestürmt.

War ihm nicht ein Name eigen,

der uns liebend ihm verband?

Fragt mich nicht! Vergessen! Schweigen! Babel, Babel heißt das Land.

Falscher Ehre folgt die Schande. Gott fährt nieder und reißt ein. Welch ein Los, im eignen Lande ein gefangnes Volk zu sein! Lobpreis heilger Ströme lehrten unsre Sänger uns als Kind.

Weh, daß uns die fromm verehrten nun wie Wasser Babels sind!

Singen sollen wir im Leide? Fremd im Winde rauscht das Ried. In den Harfen an den Weiden schläft des teuren Landes Lied. Dennoch, deutsches Lied, erwache! Rufe unter bösem Stern

nicht zum Haß und nicht zur Rache, sei du wahrhaft: Lied des Herrn!