Aus FERNEN IST EIN RUF AN MICH ERGANGEN
DER WALDRAND
Feierabendstille! Auch das Hämmern ferner Dengler hat nun aufgehört.
Überm Dorfe wächst das weiche Dämmern, und die Sommernacht ist ungestört.
Hier am Weg die Stelle, wo vorzeiten
stets um diese Stund ein Knabe stand. Jenseit mondesheller Wiesenbreiten
fand sein Blick den schwarzen Waldesrand.
In den Augen brannte ihm ein Beten:
„Gott, nun mach dies halbe Leben ganz!
Laß Erfüllung auf die Wiese treten,
zeig am Waldrand mir mein Glück im Glanz!“
Heut wie einst! Wer kann dies Sehnen stillen? Regt sich Gott am Waldesrande schon?
Das verstreute Singen vieler Grillen
wird ein einziger hoher Geigenton.
Und das Schauern aller fernen Bäume geht wie einst erwartungsschwer ins Blut. Doch es wahren alle Waldessäume immer noch ihr alt Geheimnis gut.
Was im kühlen Hauch der Nacht ich finde,
ist es nur der Ruch von frischem Heu? Ahnen der Verwandlung treibt im Winde: einer Welt Gestalt verweht und fügt sich neu.
Gilbendes und ausgereiftes Leben
Wird zu höherm Anfang wieder Keim. In den Schoß, der es dem Licht gegeben, ins Geheimnis sinkt es wieder heim.
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