AMPHION
Wenn der Sänger über Thebens Leid sich neigt,| wird das Herz ihm schwer, und die Leier schweigt. IM
Was er einst dem Volk am Feierabend sang, wird ihm zur Beschäimung, war ein müßiger Klang.
Weithin über Trümmer trägt die trübe Schau, und die Not gebietet: Auch Gesang sei Bau!||
Sei ihm Zwillingsbruder, den die Mühsal brennt, Sänger, fühl von Zethos nie mehr dich getrennt!|
Wenn der Schwerbeladne keuchend Steine trägt, muß die Seele dessen, der die Leier schlägt,
solche Macht gewinnen, daß auf ihr Geheiß toter Stein um seinen Ort im Plane weiß.
Zaubermacht der Töne! Der beseelte Stein fügt sich selbst gefüge in das Bauwerk ein.—
In die Seele greift uns, Theben, dein Geschick. Über Trümmerhalden endlos geht der Blick.
Zethos sind wir alle. Zethos, trag den Stein! Sänger darf hinfort nur ein Amphion sein.
Die griechische Sage erzählt von den Zwillingsbrüdern Amphion und Zethos, Söhnen des Zeus, die sich vorgesetzt hatten, Theben mit einer Mauer zu umziehen. Während Zethos die Steine herzutrug, schlug der Sänger Amphion die Leier, und so groß war die Gewalt seines Gesanges, daß sich die toten Steine wie plötzlich beseelt von selbst zum Bauwerk zusammenfügten.
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