Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
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EINSAME SAITE

Schlaflose Sehnsucht zum Heil fliegt dem entfliehenden Sterne aus meiner Hand wie ein Seil nach in die nächtliche Ferne.

Siehe, da hat sich mein Seil

um einen Sternzack geschlungen! Wurf, du verwegener, Heil! Bist du mir dennoch gelungen?

Wehe, der Fliehende strafft

streng mir das Seil in den Händen! Meine versagende Kraft

will er verhöhnen und schänden.

Aber der nächtliche Wind

kommt mir als Trost aus der Weite. Einmal rührt er gelind

an meine bebende Saite.

Einmal vor Ende noch bringt lebender Hauch sie ins Schwingen, einmal, eh sie zerspringt,

muß sie Erfüllung mir singen.

Schlaf, meine Sehnsucht! Von fern ruft schon der Tag mich zu Taten. Siehe, ein fliehender Stern

hat sein Geheimnis verraten!

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