Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
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VOM DUNKLEN GRUNDE

Bruder Wald, mit den geheimsten Steigen warst du mir am Tage nah und eigen. Aber da die Nacht begann,

steht dein ferner Rand in anderm Zeichen. Wie aus nie betretenen Bereichen

weht ein fremder Hauch mich an.

Und die Sprache hat sich doch am Tage gleich gefüg zur Frage und zur Sage hold in mein Geheiß geschickt.

Ihre Ordnung, der ich blind vertraute, wird ein dunkles Dickicht wirrer Laute, das Gestalt und Bild erstickt.

Plötzlich löst, die Schöpfung zu erneuen, aus der Schwärze mit den sichernd-scheuen Schritten drüben sich ein Reh,

daß ich mich vor ihm als der Erlöste unvergänglicher Gestalt getröste,

wenn ich durch mein Bangen geh.

Schauer, die vom Rand herüberwehen

unsrer Sprache, werden still und stehen

milde über dem Gefild.

Auf dem dunklen Grund, vor dem mir graute, leuchtet scheu und schön das nie geschaute, das gedichtete Gebild.

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