ALTE BRÜCKE IM POoITOU
Alte Brücke, oft gedenk ich deiner,
wenn das Zwielicht kommt, die Dämmerung. Rohes Mauerwerk! Und doch ein feiner, kühner Geist in deines Bogens Schwung. Alterswund von grauen Seitenwänden bröckeln langsam wohl die Steine los.
Doch begütigend mit linden Händen
deckt die wehen Male weiches Moos.
Wenn ich einst im Mondschein ohn Erwarten träumend dich betrat, so stockt’ mein Schritt. Grauen packte mich mit knochenharten, kalten Händen an und zog mich mit,
stieß mich ans Geländer, und den jachen Sturz der Wasser sah ich wie im Zwang. Dieser Augenblick! Ein grau Erwachen
aus der Träume buntem Überschwang.
Sank ich einmal in der mondeshellen
Nacht auf dieser Brücke in den Schlaf? Spielte so nicht Mondglanz auf den Wellen, als die schwere Müdigkeit mich traf?
Damals— heute! Hält der Sprung der Brücke Wirklichkeit an Wirklichkeit gebannt?
Und Vergessen, Traum und Schlaf und Lücke wäre, was mein Leben ich genannt?
Quälend, Schlaf, das Rätsel deiner Dauer! Sind es Tage, Monde? Ist’s ein Jahr? „Tausend Jahre!“ klagt ein tiefer Schauer. Was ist Irrtum hier, und was ist wahr? Darf mein Grübeln einen Einbruch hoffen ins Verborgene? Was bleib ich stehn?
Mir geziemt es, fröstelnd und betroffen an das Ende meines Wegs zu gehn.
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