Ostwärts über dem Wasser erwacht am Rande des Himmels
schüchtern ein hellerer Schein, der mir Genugtuung gibt,
weil er voll Scham mir gestehn muß, daß nun auch die prahlende Sonne
spät sich rüstet zum Amt und es nur flüchtig versieht.
Noch liegt die Straße verlassen; nur eilende Bäckerjungen kreuzen mit ihrem Korb heut meinen einsamen Weg.
Sommertags hab ich sie niemals zu dieser Stunde gesehen, und den Geschäftigen lag damals ihr frühestes Werk; schon unterm Nachschub der Arbeit seit vielen Stunden verschüttet, So wird, wer Frühesein übt, heut meiner Frühe Genoß.
Wenn diese Jungen im Sommer pfeifend die Gassen durcheilen, prahlen ins strahlende Licht Kittel mit festlichem Weiß. Hänselnde Worte des Übermuts fliegen hinüber, herüber,
wo sich des einen Bereich mit dem des andern berührt.
Heut gehn sie schweigend dahin im Grau unscheinbarer Jacken, stellen den Kragen hoch gegen den schneidenden Wind,
und wie bei fröstelnden Vögeln, denen der Singemut ausging, birgt sich ins Schultergehäus grämlich der schlafschwere Kopf. Nicht nur den Bäckerjungen, nein, andern auch, die mir begegnen,) les ich die Klage im Blick:„Freund du, zu früh, viel zu früh!“ Y Sicherheit ist mir gewährt vor dem Zugriff des bösen Gewissens, wenn der Mitschuldigen Schar derart mich schirmend umdrängt. Träte mir jetzt mein Nachbar, der tugendsame, entgegen,
fänd ich wahrhaftig die Stirn, frech ihm ins Auge zu sehn. Sommers geh ich dem Strengen schämig gern aus dem Wege.
Hat er mit Segen nicht schon Stunden im Garten verwirkt, wenn ich mich endlich entschließe, den Tag beginnen zu lassen? Zieh ich den Vorhang beiseit mit unbedachtem Geräusch,
sieht er, die drängende Arbeit nimmermehr ganz unterbrechend, einmal mit flüchtigem Blick strafend den Langschläfer an.
Eine Sekunde genügt ihm; er leert wie im Augenumdrehen
über dem schuldigen Haupt Kübel voll Mißachtung aus.
Könnt ihr’s verstehen? Ich habe Angst vor dem Nachbarn;
ziehe verstohlen die Schnur, schleiche mich ein in den Tag.
