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Vorwort
tur» wurde ich daran erinnert, daß die Assimilationsleistungen, welche deutsche Politiker, Teile der Gesellschaft und eine repressive Gesetzgebung Immigranten einer ethnischen, nationalen und religiösen Minderheit ohne Bürgerrechte abfordern oder abfordern möchten, sich nach Ausmaß und Schärfe nur graduell von dem unterscheiden, was der jüdischen Minderheit vor über zoo Jahren abverlangt wurde. Die Ähnlichkeiten reichen vom erzwungenen Spracherwerb über das Zuzugsrecht von Familienangehörigen und Kindern bis zur Verwechslung des Bewahrens religiöser Traditionen mit «Fundamentalismus». Nur der alltägliche Rassismus ist gratis. Vergleichbare Diskussionen über Immigranten sind exemplarisch und erstmals über die jüdische Minderheit aus Migranten im Preußen des Aufklärungszeitalters geführt worden. Die Gegner der Gleichberechtigung und sozialen Integration der Migranten gebrauchten in ihrem kulturellen, nationalen und religiösen Überlegenheitsgefühl verblüffend ähnliche «Argumente». Aber auch die Ausländer und Neubürger, die sich gesellschaftlich und intellektuell akkulturieren wollten und konnten, haben es oft in ihrer eigenen Minderheit nicht leicht. Sie gelten als Verräter, Assimilanten, Überläufer, Ungläubige, Opportunisten, Angepaßte und gehören, wie einstmals die jüdischen Aufklärer als Minderheit innerhalb der jüdischen Minderheit, nirgendwo dazu. Sollten dem Leser dieses Buchs solche Ähnlichkeiten auffallen, so ist das weder zufällig noch unbeabsichtigt.
Eva Lezzi ist dieses Buch gewidmet.