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Die jüdische Aufklärung : Philosophie, Religion, Geschichte / Christoph Schulte
Entstehung
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I. Europäische Aufklärung und Haskala

Der hebräische Begriff Haskala für die jüdische Aufklä­rung bezeichnet, in Parallele zum deutschen Begriff der Aufklärung , l zugleich eine Aufklärungsbewegung, deren Anhänger, deren Tätigkeit und deren Diskurse und deren Zeitalter. Der Reichtum des Begriffs Haskala macht den Vergleich der jüdischen Aufklärungsbewegung mit ande­ren europäischen Aufklärungsbewegungen und die Be­stimmung des Verhältnisses der Haskala zur europäischen Aufklärung zu einem schwierigen Unterfangen. 2 Es gibt eine große Anzahl von Differenzen. Das beginnt beim Be­griff selbst, denn Haskala ist im Gegensatz zu Aufklärung im 18. Jahrhundert kein neues Wort.

Haskala war schon im antiken Midrasch 3 und bei den jüdischen Philosophen des Mittelalters ein geläufiger Be­griff für Vernünftigkeit und Einsicht. Er stammt vom he­bräischen Substantiv Sechei, das Vernunft oder Verstand bedeutet. In der antiken Bedeutung war Haskala den in der rabbinischen Traditionsliteratur meist gut bewander­ten jüdischen Aufklärern des 18. Jahrhunderts geläufig. Mendelssohn, Wessely und Satanow verwenden in hebräi­schen Texten Haskala als Synonym für Philosophie, als terminus technicus für Aufklärung haben ihn die jüdi­schen Aufklärer des 18. Jahrhunderts jedoch noch nicht gebraucht, obwohl sie den Begriff Aufklärung kennen und in ihren deutschen Texten für sich in Anspruch nehmen. Erst 1831 hat Juda Loeb Jeiteles in der Wiener hebräi­schen Zeitschrift Bikkurej Halttim ausdrücklich den Be­griff Haskala mit «Aufklärung» paraphrasiert. 4 Hingegen läßt sich der eng verwandte Begriff Maskilim als program­matische Selbstbezeichnung der jüdischen Aufklärer und ihres Publikums schon 1783 nachweisen. Diese Selbstbe-