Europäische Aufklärung und Haskala 3 3
gefeiert wurde. Die aktive Beherrschung des Deutschen in mündlicher und schriftlicher Form war deshalb für die Maskilim sowohl eine Bedingung für die Teilhabe am allgemeinen, gelehrten Aufklärungsdiskurs als auch für die Teilhabe an bürgerlicher Öffentlichkeit, Bildung und Institutionen der deutschsprachigen Mehrheitsgesellschaft. Überdies war Deutsch im Amts- und Geschäftsverkehr üblich, nötig, und oft sogar, wie in der Donaumonarchie nach 1781, amtlich vorgeschrieben. Aufklärung, intellektuelle Anerkennung und bürgerliche Verbesserung der Juden setzten die problemlose Beherrschung der Landessprache voraus.
Doch war dies für Juden in der Diaspora keine neue Situation. Immer hatten sie die Landessprache lernen müssen. Tatsächlich neu war hingegen, daß einige Maskilim das Hebräische zur «Jehudim-Sprache» (Isaak Euchel), zur aufgeklärten jüdischen National-, Literatur- und Gelehrtensprache machen wollten. Das Hebräische sollte nicht wie vordem in der rabbinischen Tradition reine Sakralsprache bleiben. Vielmehr sollte im Rückgang auf das Hebräisch der Bibel und mit Anleihen bei der philosophischen und wissenschaftlichen Terminologie der mittelalterlichen jüdischen Gelehrten ein von Aramaismen und rabbinischen Schlacken gereinigtes, grammatikalisch sauberes und modernisiertes Hebräisch entstehen, das sowohl als profanes, alltägliches Kommunikations- und Informationsmittel als auch als Kultursprache verwendet werden konnte. Diesem Zweck diente die Gründung der ersten hebräischen Zeitschrift überhaupt, HaMe’assef («Der Sammler», 1783-1811), und der Druck zahlreicher hebräischer Bücher, welche die Ideologie und Wissensstoffe der Haskala einem nur des Hebräischen mächtigen jüdischen Publikum vor allem in Osteuropa vermitteln sollten. 28
Dieser Versuch scheiterte innerhalb nur weniger Jahre, denn die bürgerliche Akkulturation der Juden in Preußen verlief so rasant, daß schon um 1800 die hebräischen