3 6 Europäische Aufklärung und Haskala
ßischen Königs Friedrich I. in Königberg gedrucktem Schmähwerk Entdecktes Judenthum, in dem Eisenmenger gegen Talmud und Kabbala zu Felde gezogen war. Noch die aufgeklärte Toleranz gegenüber Juden und Judentum war so eine Toleranz der meist unwissenden Wohlmeinenden einer Mehrheitsgesellschaft gegenüber den intellektuell hungrigen Migranten und Aufsteigern einer religiösen Minderheit.
Dahingegen war von den Maskilim eine ungeheuere Akkulturationsleistung gefordert, die nicht nur Wissenschaften und Künste betraf, sondern auch Sprache, Alltagsleben und sogar die Religion, einschließlich ihrer Sä- kularisate. Das verlangte große Anstrengungen seitens der Maskilim und endete in einigen Fällen mit einer Gelehrtheit und Versiertheit in der Kultur der anderen, welche die der christlichen Zeitgenossen weit übertraf. Maskilim wie Mendelssohn, Markus Elieser Bloch, Markus Herz, Lazarus Bendavid oder Salomon Maimon, schließlich auch Salonnieren wie Henriette Herz oder Rahel Varnha- gen kannten jüdische und christliche religiöse Traditionen, jüdische und christliche Kultur profund und waren damit nicht selten kulturell sogar kompetenter als ihre christlich-aufgeklärten Gesprächspartner.
Dabei waren die geistigen Anstrengungen und intellektuellen Leistungen, die in der Haskala neben dem Brotberuf erbracht werden mußten, keineswegs nur Selbstzweck. Die Aufklärung der Juden geschah oft nicht um ihrer selbst willen. Politisch galten Aufklärung und Bildung unter den Maskilim als Voraussetzung und oft sogar als Mittel zum Zweck der bürgerlichen Verbesserung der Juden. Schon viele Jahre, bevor der protestantische preußische Reformbeamte Christian Wilhelm Dohm 1781 mit seinem Buch Ueber die bürgerliche Verbesserung der Juden dieses Stichwort gab und damit eine Debatte eröffnete, die den Außendiskurs der Maskilim mit den Christen im preußischen Staat beherrschte und den jüdischen Binnendiskurs in Mittel- und Osteuropa jedenfalls stark beeinflußte, 33