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Die jüdische Aufklärung : Philosophie, Religion, Geschichte / Christoph Schulte
Entstehung
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37
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Europäische Aufklärung und Haskala 37

gab es jüdische Aufklärung um ihrer selbst willen. Juden haben aus Neugier und Wissensdurst gelernt und studiert, auch ohne daß eine Aussicht auf Verbesserung ihres politi­schen Status als unterdrückte Minderheit bestanden hätte. Nachdem 1750 durch das «Revidierte General-Privile­gium und Reglement» Friedrichs II. die Situation der Juden in Berlin gravierend verschlechtert wurde und etwa 500 arme Juden die Stadt binnen Wochenfrist verlassen muß­ten, haben Mendelssohn, Marcus Elieser Bloch und Aron Gumpertz ihre intellektuellen Aktivitäten keineswegs ein­gestellt, im Gegenteil. Aber mit Eröffnung der Debatte um die bürgerliche Verbesserung der Juden wurden Aufklä­rung und Bildung als Voraussetzung derselben gesehen.

8 ) Die Haskala war Aufklärung der Juden als Vorausset­zung, aber auch als Ziel ihrer bürgerlichen Verbesserung. Die Forderung nach bürgerlicher Verbesserung, die sich die Maskilim in der politischen Debatte zu eigen machten, bezweckte mehr und anderes als den reinen Wissenser­werb und Aufklärung. Zwar fordert Dohm in seiner Ant­wort auf das Memoire der elsässischen Juden auch, die Bildung und die Bildungseinrichtungen der Juden zu ver­bessern, aber ihre «bürgerliche Verbesserung» umfaßte mehr als Aufklärung: Durch rechtliche Gleichstellung, freie Religionsausübung und freie Berufswahl sollten die Juden zu «besseren», gesitteteren und kultivierteren Men­schen erzogen, in die bürgerliche Mehrheitsgesellschaft in­tegriert und zu wirtschaftlich nützlicheren Untertanen der preußischen Monarchie gemacht werden.

Dohms Schrift gibt der politischen und rechtlichen Un­terdrückung sowie wirtschaftlichen und beruflichen Re­striktionen für Juden die Verantwortung für den misera­blen Zustand und die schlechten Lebens Verhältnisse der Juden in Europa. Um diesen Zustand zu bessern, schlägt er vor: 1) Die Juden sollen «vollkommen gleiche Rechte mit allen übrigen Unterthanen erhalten». 34 2) Freie Berufswahl und Gewerbefreiheit soll gewährt werden. 3) Juden sollen