Eine doppeldeutige Widmung 139
geborenen. Buber war der Wiederentdecker, nicht ein Zeitgenosse des Chassidismus. Die erste Entdeckung und Schilderung des Chassidismus hat ein Augenzeuge über 100 Jahre früher geleistet: Salomon Maimon, der unter Chassidim erwachsen wurde und der sie, nachdem er jüdischer Aufklärer geworden war, aus der Distanz mehrerer Lebensjahre und seiner neuen Wahlheimat Berlin kritisch schildert. Salomon Maimons Lebensgeschichte enthält die erste und umfassendste, in ihrer Art und Qualität einzigartige Schilderung des Chassidismus aus dem 18. Jahrhundert. Sie ist deutsch geschrieben und machte das deutschsprachige Publikum, Juden und Christen, erstmals mit dieser osteuropäischen jüdischen Frömmigkeitsbewegung bekannt. Und da es sich bei dieser Schilderung um den Teil einer Autobiographie handelt, bürgt die lebendige Person des Autors für ihre Wahrheit und Authentizität.
1. Eine doppeldeutige Widmung
«Diese Lebensbeschreibung bedarf keiner Anpreisung, um gelesen zu werden», schreibt Karl Philipp Moritz in seinem Vorbericht des Herausgebers zu Salomon Maimons Lebensgeschichte. «Sie wird für einen jeden anziehend sein, dem es nicht gleichgültig ist, wie die Denkkraft, auch unter den drückendsten Umständen, sich in einem menschlichen Geiste entwickeln kann, und wie der echte Trieb nach Wissenschaft sich durch Hindernisse nicht ab- schrecken läßt, die unübersteiglich scheinen.
Was aber diesem Buche noch in anderer Rücksicht einen besonderen Wert gibt, ist eine unparteiische und vorurteilsfreie Darstellung des Judentums, von der man wohl mit Grunde behaupten kann, daß sie die erste in ihrer Art ist und deswegen, besonders zu den jetzigen Zeiten, wo die Bildung und Aufklärung der jüdischen Nation ein eigener Gegenstand des Nachdenkens geworden ist, vorzügliche Aufmerksamkeit verdient.» 215