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Die jüdische Aufklärung : Philosophie, Religion, Geschichte / Christoph Schulte
Entstehung
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VII. Die politische Philosophie der Haskala

Oft wird als Ziel der Haskala die Emanzipation der Juden genannt. Das ist sachlich nicht falsch, aber unzureichend. Denn die Maskilim wollten mehr erreichen als die recht­liche und politische Gleichstellung der Juden im Staat, die gemeinhin mit dem Begriff der Emanzipation verbunden wird. Sie wollten die freie religiöse Betätigung, freie Be­rufswahl und Gewerbefreiheit, die freie Wahl des Wohn­orts, freien Zugang zu Schulen und Universitäten, aber sie wollten auch die Isolation des rein innerjüdischen Diskur­ses und die soziale Ghetto-Situation überwinden, sie woll­ten die gesellschaftliche Integration, Geselligkeit und Aus­tausch mit Nicht] uden, bürgerliche Bildung und Sitten, in­tellektuelle, soziale und künstlerische Anerkennung durch die Christen erreichen, also Dinge, welche die rein legale Gleichstellung gar nicht gewährleisten kann. Am besten bringt diese Vielzahl von Wünschen der von Dohm 1781 geprägte Begriff der bürgerlichen Verbesserung der Juden zum Ausdruck, der den Diskurs der Haskala bestimmt hat.

Den Begriff der Emanzipation dagegen haben die Mas­kilim selbst nicht gebraucht, er wurde erst von Wilhelm Traugott Krug geprägt, der im Jahr 182.8 ein Buch mit dem Titel Über das Verhältnis verschiedener Religionspar­teien zum Staate und über die Emanzipazion der Juden veröffentlichte. Krug war ein liberaler Kantianer und Be­fürworter der Emanzipation der Juden, aber der Begriff stammt aus dem 19. Jahrhundert, und er entstand zu ei­nem Zeitpunkt, als die Haskala in Deutschland schon Vergangenheit war. Er wird von Historikern im nachhin­ein auf die Haskala gemünzt. 273 Die Maskilim des späten 18. Jahrhunderts dagegen sprachen von bürgerlicher Ver­besserung und bürgerlicher Gleichstellung der Juden, und