VII. Die politische Philosophie der Haskala
Oft wird als Ziel der Haskala die Emanzipation der Juden genannt. Das ist sachlich nicht falsch, aber unzureichend. Denn die Maskilim wollten mehr erreichen als die rechtliche und politische Gleichstellung der Juden im Staat, die gemeinhin mit dem Begriff der Emanzipation verbunden wird. Sie wollten die freie religiöse Betätigung, freie Berufswahl und Gewerbefreiheit, die freie Wahl des Wohnorts, freien Zugang zu Schulen und Universitäten, aber sie wollten auch die Isolation des rein innerjüdischen Diskurses und die soziale Ghetto-Situation überwinden, sie wollten die gesellschaftliche Integration, Geselligkeit und Austausch mit Nicht] uden, bürgerliche Bildung und Sitten, intellektuelle, soziale und künstlerische Anerkennung durch die Christen erreichen, also Dinge, welche die rein legale Gleichstellung gar nicht gewährleisten kann. Am besten bringt diese Vielzahl von Wünschen der von Dohm 1781 geprägte Begriff der bürgerlichen Verbesserung der Juden zum Ausdruck, der den Diskurs der Haskala bestimmt hat.
Den Begriff der Emanzipation dagegen haben die Maskilim selbst nicht gebraucht, er wurde erst von Wilhelm Traugott Krug geprägt, der im Jahr 182.8 ein Buch mit dem Titel Über das Verhältnis verschiedener Religionsparteien zum Staate und über die Emanzipazion der Juden veröffentlichte. Krug war ein liberaler Kantianer und Befürworter der Emanzipation der Juden, aber der Begriff stammt aus dem 19. Jahrhundert, und er entstand zu einem Zeitpunkt, als die Haskala in Deutschland schon Vergangenheit war. Er wird von Historikern im nachhinein auf die Haskala gemünzt. 273 Die Maskilim des späten 18. Jahrhunderts dagegen sprachen von bürgerlicher Verbesserung und bürgerlicher Gleichstellung der Juden, und