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Psychopathologie des Fin de siècle : der Kulturkritiker, Arzt und Zionist Max Nordau / Christoph Schulte
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Die Feuilletons in der Neuen Freien Presse

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Die Feuilletons in der Neuen Freien Presse

Nordau hat von 1895 bis 1914 jährlich bis zu fünfundzwanzig na­mentlich gezeichnete Feuilletons in der Neuen Freien Presse pu­bliziert. 1 Er gewann und behauptete damit einen festen Platz nicht nur unter allen deutschsprachigen, sondern auch unter den europa­weit bekannten und beachteten Publizisten. Seine Feuilletons aus Paris wurden äußerst prominent und an der besten für ein Kul­tur-Feuilleton überhaupt möglichen Stelle, jeweils auf der unte­ren Hälfte der ersten drei oder vier Seiten, gedruckt. Das war das Äußerste, was ein Feuilletonist deutscher Sprache überhaupt erreichen konnte. Insofern ist die Veröffentlichung dieser Feuille­tons ein Höhepunkt in Nordaus journalistischer Karriere.

Inhaltlich verlängern diese Feuilletons, mit denselben Kriterien wie den in Entartung entwickelten, Nordaus längst bekannte Kul­turkritik. Nordau wendet seine Entartungskritik auf die jeweils neuesten Theaterstücke, Romane, Malerei-Salons und Denkmäler an. Aber trotz der Verlängerung der Liste von Entarteten etwa um Rodin, Bergson, Gogol und die Fauvisten bieten sie ein sehr buntes,

1 Vgl. die Liste von.Titeln und Erscheinungsdaten der mir bekannten Feuille­tons im Anhang. Erstaunlicherweise sind diese Feuilletons in der Nordau-Litera- tur bislang völlig unbeachtet geblieben. Nach Vielzahl und Inhalt ließe sich aus ihnen ein riesiges Fresko der europäischen, besonders aber der französischen Kulturgeschichte und Politik zwischen Fin de siede und I. Weltkrieg aus der spezifischen weltanschaulichen Optik eines einzigen Zeitgenossen rekonstru­ieren.