ein: der Storch wird Schafzüchter, Wollkönig wird er, und Scsarinc führt am Ende den Leichenzug des Wollkönigs vors Grab.
Doch muß man, wenn es um Bilder geht, auch wissen, daß sie zumeist aus mehreren Dunkelquellen kommen. So denkt man hier spontan an die Verwechslung des Titels „Tuch und Locke“ mit „Tuch und Wolle", die Frau Geheimrat Flender unterlief, der Mutter einer Schülerin Fontanes, eine Erinnerung, die den Humor vielleicht für ihn an diese „Wolle“ kettete und deshalb in seiner Seele stecken blieb, weil die Verwechslung die Ba- gatellisierung seiner ersten Epik zeigte und tief im Untergrund nicht humoristisch, sondern kränkend war (wofür er doppelt feine Sinne hatte). Auch kommt die Schafzucht wieder in der Novelle „Cecile“ (7. Kap.) vor und läßt die oberirdische Quelle deutlich werden: Philipp Engelhard von Nathasius war Mitarbeiter bei der Kreuz-Zeitung wie Fontane auch, und seine Brüder Hermann Engelhard und Wilhelm waren Schafexperten, der erstere schrieb: „Ansichten und Erfahrungen über die Zucht von Fleischschafen“ (Berlin 1856), der zweite: „Das Wollhaar des Schafs“ (Berlin 1866), wobei dessen Erscheinungszeit in eben jenes Jahr fällt, in dem Fontane die Storchen-Handlung spielen lassen wollte. Und wieder muß ein Brief Fontanes aus früher Zeit genannt sein, zumal Fontane sich den Namen Lepcl als Muster für eine Randfigur notiert: am 12. Januar 1850 schreibt er an diesen Freund v. Lepel: „Du brauchst Menschen statt der frommen Leute“, einen Satz, den man geradezu als Grundgedanken des Fragments bezeichnen kann.
Der alte Storch erhält den Menschen auch - und das ist die Pointe -, den er braucht: nur nicht als Gattin, wie es nötig wäre, sondern als Schwiegertochter, der Fontane den Namen Rebecca v. Eichroeder gibt, alle Mißdeutungen in einem Brief an Gustav Karpeles, den Redakteur von „Westermanns Monatsheften“, am 30. Juli 1881 so kupierend: „Rebecca Gcr- son v. Eichroeder ist ein reizendes Geschöpf und viel, viel mehr eine Vcrherrlichung des kleinen Judenfräuleins als eine Ridikülisierung. Dies tritt sogar so stark hervor, daß es mich etwas geniert. Ich kann es aber nicht ändern. Die ganze Geschichte würde von Grund aus ihren Charakter verlieren, wenn ich statt Rebeccchens eine Geheimratsjöhre einschieben wollte. Noch weniger geht ein reiches Bourgeoisbalg. Reiche Jüdinnen sind oft vornehm (worauf es ankommt), Bourgeoisbälger nie.“ Das Menschliche ist das, was not tut, nicht das Amtieren eines Knovenagel (der vom Weißbrot herkommt und auch nichts anderes zu spendieren hat). Zu diesem Fingerknips, zu dieser Nachtattacke gegen das Amtieren, anstatt „bloß Mensch" zu sein, hat Theodor Fontane ein ganzes Sammelsurium aus seinem Zettelkasten und Erinnerungsfonds hervorgeholt: den Mann, der wie der Bäcker Knovenagel reden kann und auch zur Predigt vordringt, zu einer Predigt, daß man das Erz der Glocken springen hört - bloß daß das Predigen in dunkler Nacht, im Bett, geschieht, aus Kissensäulen hochsteigt und als ein Murmeln in die Gänsefedern sinkt; ein anderer ist Chirurgus erster Klasse, der kapitale Posten macht den kapitalen Mann: ein Elefantenorden überm Sofa aus der Schloßauktion (der Ursel Hradschek aus „Unterm Birnbaum" auch nicht hätte schlafen lassen), ein Feldmesser hat hohe Stiefel, die Verschiedenes verdecken, Frau Gutsbesitzer „hat’s im Leibe“, heilt sogar den Storch vom „Pumpen“ - ist Re- medur geschaffen, bäumt Storch sich auf und geht zu Taten über? Nicht doch, er ist nun eben „ohne Impetus“ worin er nicht allein steht im Fragment. Ein Zettel über einen Ausspruch Bossuets scheint von einem Windstoß aus Fontanes Heimat hergeweht; Herhst wird es, die Malvisierbirnen sind gepflückt (nicht unheilvoll im Grase liegend wie später „unterm Birnbaum“), und „Lazarettpflaumen“ bereichern Disput und Heiterkeit und Pomolo- gisches. Architektur der Pastornasen als Gesprächsstoff ist ein Kapitel im Rayon der „frommen Leute“, mit ironischen Akzenten versehen (Fontane zeigt auch seinen feinen Sinn für Physiognomisches dabei); der Causerie sind Tür und Tor geöffnet, bis ein Herr Administrator kommt und mit dem stereotypen „Stimmt“ den lustigen Gesprächen Schluß macht, und fast vermeint man, wie ein Echo, ein leises Blöken wolliger Schafe weiterhin zu hören. Fontane hat ein Compose geschaffen ganz nach seiner Art, wobei im skizzenhaft Gebliebenen das Nebeneinander, das Allerlei und Vielerlei noch unverdeckt bleibt und nach Gascogne und nach Languedoc weist, woher es doch spezifisch kommt: Fontane verdankt