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4. Ter Rabbiner.
Eine der größten Autoritäten, der berühmte Talmudkommentator X"L>1,12 R. Samuel Edels schreibt zum Traktat Sanhedrin I, 7: Du sollst Dir keine goldenen und silbernen Götzen machen, unter Anspielung auf die Synonymität von 2>l1-t „Richter" als Epitheton des menschlichen Richters: „Es sollen da zweierlei Uebelstände gegeißelt werden; erstens, daß die Rabbinerstellen mit Gold und Silber bei den Behörden gekauft werden; zweitens, daß sie das Rabbinat als Handhabe benützen, um das verausgabte Geld wieder einzubringen und den Gewinn dabei zu verdoppeln. Dieses sündhafte Treiben hat sich erst neuerlich entwickelt (geschrieben um 1620), und es haben unsere Autoritäten von Anfang an dasselbe durch Synodalbeschlüsse, Bann und Geldstrafen zu bekämpfen gesucht. Es soll kein Rabbiner seine Anstellung durch Geldleistungen an Gemeinden und Private erwerben dürfen; aber es kümmert sich Niemand darum und um die an dieser Talmudstelle angedrohte göttliche Strafe, die Gleichstellung dieses Vorganges mit Götzendienst, so daß uns diese Vorgänge zum Steine des Anstoßes werden und viele Unglücksfälle und Mißstände im Gefolge haben.— Nunmehr aber treten diese Leute, die sich als Gelehrte betrachten, obwohl sie nichts Gutes gelernt haben, auf, um eine Herrschaft über die Gemeinde, nicht zu deren Frommen, auszuüben, und sich mit Geld Würden zu sichern, das Demjenigen, der es annimmt, nicht zum Segen gereichen wird. Und weil sie sich mit einer Gelehrsamkeit brüsten, die ihnen nicht eigen ist, haben unsere Weisen im jerus. Talmud zu Bechoroth gesagt: Man muß solche Rabbiner mißachten und geringschätzen, ihnen keine Ehrenbezeugungen leisten; ihr Ornat ist so viel Werth, wie die Satteldecke eines Esels. Begründet ist das Verbot, daß man nicht vor ihnen aufstehen soll, durch den Umstand, daß man den Gelehrten nur wegen der Thora ehrt, die in ihm ruht, daher auch der Ausdruck Rabbi von 21 ("121 >21 die Feldherren des Königs Nebukadnezar). Derjenige aber, der um Geldes willen eingesetzt wurde und keinen blauen Dunst vom Gesetze hat N11!i 1>1F^ HX1, vor dem soll man weder aufstehen, noch ihn Rabbi tituliren." — Wenn dieses Uebel zu einer Zeit einreißen konnte, in welcher die Gemeindeordnung und die Rabbiner-Autonomie in vollster Blüthe stand, so kann man sich einen Begriff davon machen, wie es fünfzig Jahre später, nach dem Zusammenbruch aller Ordnung, aussah, als die Kultusangelegenheiten den Händen unwissender und gewaltthätiger Vorsteher aus den untersten Ständen ausgeliefert waren, die ihre Schwiegersöhne und Verwandten aus die höchsten Stellen brachten und die berühmtesten Gelehrten buchstäblich Hungers sterben ließen. So mußte der berühmte Codifikator R. Abraham Abele aus Kalisch seinen berühmten Appendix zum Schulchan Aruch, den „Magen Abraham", auf eine das Verständniß erschwerende lakonische Kürze beschränken, weil er bei seinem Gehalte von 3 polnischen Gulden (1 Mark 30 Pf.) monatlich, kein Papier kaufen konnte, und in erster Reihe auf die Wände und die Lokschenbretter schreiben mußte, bis er zu Papier kommen konnte. Die bedeutenden Gelehrten nahmen daher mit Freuden in deutschen Gemeinden Stellen an, und es giebt keine größere Gemeinde in Deutschland, die von 1648 bis 1800 nicht ausschließlich polnische Rabbiner gehabt hätte. So z. B. Hamburg, wo die Aschkenasimgemeinde 1648 durch den Flüchtling R. Ahron Koydenower begründet wurde, dem die Wilnaer: Chacham Z'wi, Beth Hillel, Kneses Jecheskeel, dann der in Krakau geborene R. Jonathan Eibenschitz, R. Isaak Horowitz aus Brody, R. Rafael Kohn aus Pinsk folgten. Ebenso Frankfurt a. M.: R. Naftali Hakohen aus Korretz, R. Abraham Braude, R. Samuel, Herausgeber der berühmten Talmudausgabe,