bei den Juden von Jemen. Als der letzte Prophet Maleachi mit den Worten schloß: Gedenket der Lehre meines Knechtes Moses, da grub er mit seinen Worten die göttliche Kraft des Gedächtnisses in die Volksseele ein bis zur Ankunft des Propheten Elia. —-
Auch das allgemein den Juden zuerkannte Sprachgenie wurzelt im Cheder. Im Hause in einer arischen Muttersprache erzogen (deutsch oder spanisch), wird das Kind im zartesten Alter in eine sprachlich grundverschiedene, semitische Ursprache eingeführt, nach einer vorzüglichen, äußerst praktischen Methode, ohne störenden Wust grammatikalischer und syntaktischer Theorien, mit dem Geiste der Sprache eins und durch den Talmud mit der aramäischen Schwestersprache für philologisches Verständniß auf Schritt und Tritt angeregt. —
So lange die äußeren Verhältnisse der Juden in Polen verhältnißmäßig günstige, fast glänzende waren, stand auch das Cheder auf entsprechender Höhe. Der Stundenplan der von dem großen „Bach" (R. Joel Sirkes) angelegten Talmud-Thoraschule für Arme sorgte auch für den profanen Unterricht in den nöthigsten Fächern und in der Landessprache. Kein Wunder in einer Zeit, wo R. Meir von Padua einen Lehrstuhl an der dortigen Universität, wohl der berühmtesten Europa's, inne hatte, wo die Medizin noch ausschließlich in den Händen der Juden war, die Kenntniß der Mathematik für den Rabbiner als fast unerläßlich galt und Männer wie der Tossefoth Jomtow (Lippmann Heller) und der Lewusch (R. Mordechai Jaffe) die ganze Wissenschaft des Mittelalters beherrschten, so dürftig der Stand derselben zu dieser Zeit auch war. Den besseren sozialen Verhältnissen entsprach dann auch der äußere Zustand des Cheder und die Fürsorge für den Unterricht der Annen. Die Juden, von den illiteraten Arabern, die erst voll Mohammed die Schrift empfingen, al-am el kitab, das Volk der Schrift, genannt, waren auch unter den Ariern, deren erste Bildungstriebe auf den selbst des Schreibens unkundigen Karl den Großen zurückführen, Jahrhunderte lang fast die einzigen Alphabeten. Das Alphabet selbst, dessen hebräische Namen mit der Schreibkunst von den illiteraten Griechen übernommen und den Römern und durch diese den wilden mitteleuropäischen Völkerschaften übermittelt wurden, diese größte, bedeutungsvollste und gottbegnadetste unter allen Erfindungen, stammt von den Urhebräern, wie die neueste Forschung zugeben muß. Daß dieser Bildungstrieb dem jüdischen Volke zur zweiten Natur geworden, zeigt uns die Geschichte der Richter, wo Gideon bei seinem Zuge auf das östliche Jordanufer, fern von dem eigentlicheil Sitze des jüdischen Volksthums, bei einer halb als Nomaden lebenden Hirtenbevölkerung nur einen Knaben vor den Thoren voll Sukkoth abzufangen brauchte, um von diesem die Namen der Stadtältesten ausgeschrieben zu erhalten. Es gab also zu dieser Zeit und unter diesen Verhältnissen keine Analphabeten im Volke. Der Schule verdankt das Judenthum seine Erhaltung, und alle Angriffe gegen dasselbe waren daher auf die Zerstörung dieses Keimes in der reinen Seele des Kindes gerichtet.
Die furchtbare Katastrophe von 1648, die durch dieselbe hervorgerufene allgemeine Zerrüttung, mußte ihre Schatten auch auf das Cheder senken. Die Armuth, der Hunger, die furchtbareil Epidemien, die verheerenden Blattern, die Wohnungsnoth in den immer enger gezogenen Ghettis, der Mangel an Unterricht für die ärmsten Klassen, schufen betrübende Zustände. Mit dem äußeren Verfalle hielt der Verfall der Lehrkräfte gleichen Schritt. Das unerträgliche Elend hatte alle hervorragenden Gelehrten zur Auswanderung nach dem Westen gezwungen. Italien, Deutschland, die Rheinlande, Holland, England waren voll von polnischen Rabbinern, zu denen die Jünger aus Polen strömten, um sich vor dem Hunger zu retten. In der Heimath selbst trat jenes Stadium ein, von welchem