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Zum besseren Verständniß des wenig bekannten Themas müssen wir hier eine Berichtigung zahlreicher kritischer Jrrthümer der neologen Schriftsteller einflechten, die bei Beschäftigung mit der kabbalistischen Literatur den alten Forschern auch da blindlings gefolgt sind, wo dieselben in einen Jrrthum verfielen, wie dies namentlich bei dem großen Asulai, dem Vers, des Leiiem iinKeäolim der FaÜ war. Dieser außerordentliche Gelehrte war nämlich durch die Regeln der palästinensischen Schule behindert, andere Schriften als die des R. Chaini Vital zu studiren, da die jerusalemische Schule alle anderen, als dilettantisch und mit Jrrthümern gemischt, strengstens verpönt hatte. Für einen Literarhistoriker war ein derartiges Hemmniß um so störender. So kam es, daß A. die kabbalistischen Werke nur flüchtig für die Zwecke seiner Arbeit durchsah, die meisten in den Bibliotheken von Florenz und Paris während eines Aufenthaltes von wenigen Tagen. Daher konnte er den Verfasser des Zeiinnos Ornii, R. Josef Ghiquatilla, in das Jahr 1492 versetzen, - während das von ihm selbst Unterzeichnete Manuskript in Canibridge die Jahreszahl 90 (1330) trägt. Ebenso war es beim Verfasser des 8oiiU8oiinii 8ocic»t, der in seinem Einleitungsgedicht das Jahr 255 (1495) angiebt. Da A. denselben für einen Enkel des Nachmanides hielt, so wollte er diese Jahreszahl auf 1255 (nach der Zerstörung des Tempels) beziehen und das Jahr 4083 (1323) heransbringen. Da er jedoch das Manuskript, wie er selbst schreibt, nur auf eine Stunde flüchtig durchblättern konnte, hat er übersehen, daß auf S. 39 ausdrücklich die Jahreszahl 1503 erwähnt wird. So entging es seinem Scharfblicke, daß dieses Werk zu drei Vierteln aus Excerpten des Xnnnii von R. Avigdor Kroh besteht (1440) und den ältesten Beweis für dessen Autorschaft abgiebt, wie er jedes Excerpt mit den Worten einleitet: „Das schreibt Lnl linFcior oder R. Avigdor." Jener Sammler alter
kabbalistischer Schriften, R. Mose bar Jakob, war ein deutscher Jude, der sich in Spanien aufhielt, wo er von der Austreibung überrascht wurde. In jener schweren " Zeit der Zerrüttung und der Glaubenskämpfe fand er es für gut, den höchst merkwürdigen Xnnnii nur zur Hälfte zu veröffentlichen. Dieses Buch beschäftigt sich nämlich mit der Kabbala des Talmud. Es stellt in Form von Fragen eines Sohnes an seinen Vater mit ganz unglaublicher Kühnheit die ganze Beweisführung des Talmud auf den Kopf, zuweilen mit Angriffen von scheinbar maßloser Heftigkeit, um dar- zuthun, daß der Talmud nur von dem Standpunkte der Prophetenwissenschaft aus begriffen und erklärt werden könne. Er theilt sein Werk in Hnri88g.ii (NO^N) und ilinstm OiZI), „Zerstörung" und „Aufbau", und warnt davor, sich mit der Hnri888.il allein zu beschäftigen. Man erkennt darin den Geist seines Zeitalters, in welchem das furchtbare Mkartyrium, welches die deutschen Juden ertragen mußten, eine Art Todeskampfstimmung geschaffen hatte, die eine kritische Prüfung, von furchtbarem Ernste beseelt, im Kampfe mit meuternden Elementen von mittelalterlicher Ungeschlacht- heit erzeugte, denen die alltägliche Frömmigkeit mit ihrer beschwichtigenden Sanftmuth keinen Halt mehr bot. Für das spanisch-jüdische, scholastisch angekränkelte Publikum und seine schwächliche Gläubigkeit war diese Hnri888.ii viel zu gefährlich, so daß sich R. Mose ben Jakob auf die bloßen Excerpte des öinfnii beschränkte. Er liefert auch in seinem Kommentar zum Buche lleÄrnii entscheidende Anhaltspunkte für die Autorschaft des R. Josef bar Kalonymos für den irrthümlich dem Rabcd zugeschriebenen Kommentar, wie dies auch der Ari bestätigt hat.
Endlich hat Asulai das große Werk Leiiiur Xomnii von R. Mose Cordo-
vero nicht gesehen, worin derselbe den R. Avigdor Kroh als Verfasser des Lnnnii
heftig angreift und auch als Verfasser des Vernunnii den R. Isaak Or Sarua aus
Wien (um 1270) angiebt. Sonst wäre er nicht im Zweifel geblieben, woher diese Autorschaftstraditionen stammen.