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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Prophetie, die göttliche Rede, drittens die Verkündung des Endes, die Erlösung.

Die tiefe Entwickelungstheorie der Prophctcnwissenschaft zeigt uns hier weitver­zweigte Probleme. Die Verkündigung in Daniel 12,10 bezieht der ,Kommentator (irrthümlich alsRaschi" bezeichnet) oberflächlich auf die Berechnungen der für das Ende des Exils ausgestellten Zeitpunkte. In Wirklichkeit bezieht sie sich auf die Aufgaben, welche das Volk Israel in demselben zu lösen hat.Es sollen ausgewählt, gereinigt und geläutert werden alle Theile der Volksseele, die noch aus der Vorschöpfung über den ganzen Erdball zerstreut sind." <il>. V.D) Und wenn die Zerstreuung des heiligen Volkes vollständig durchgeführt sein wird (bis in die entferntesten Erdwinkel), werden alle Jene aushören." Diese ' Bausteine der seelischen Individualitäten werden durch die Arbeit der Halacha 1 ans Tageslicht gefördert, und die Vollendung beider bringt dann von selbst die Prophetie, die Offenbarung der göttlichen Majestät, auf dem durch jene für sie errichteten Throne.

Maimonides glaubte, an diesem Wendepunkte der jüdischen Oieschichte an­gelangt zu sein. Es giebt schriftliche Beweise dafür. In seinem leeret Deinan, dem Sendschreiben an die Juden von Jemen, das mit seinem Herzblute geschrie­ben ist, in welchem er sich uns in seiner wahren, heiligen biestalt zeigt, theilt er ihnen ein Geheimniß mit, daß ihm von seinen Ahnen bis rückwärts auf die Ur- ? ahnen, die aus Jerusalem vertrieben wurden, von Geschlecht zu Geschlecht münd­lich als Geheimniß überliefert worden; in der Prophezeiung Bileam's sei in den Worten:Um diese Zeit wird Jakob und Israel verkündet werden, was der . Allmächtige wirkt" der Wendepunkt der Erlösung niedergelegt. Wenn nämlich > dieser Zeitpunkt sich verdoppelt, inan zählte damals 2488 der jüdischen Zeitrech­nung, also mn 4976 (1210) wird die Prophetie als Vorläuferin der Erlösung sich wieder einstellen. Maimonides starb 4965 (1204). Sein Zeitalter war dazu angethan, auch die schlimmsten Materialisten und Skeptiker an das Heran­nahen der Erlösung glauben zu machen. Jcrnsalem war in wörtlicher Er­füllung zum Üben iVlaamassab (NVVPV zum Prüfstein der Hebekraft,

zum Lat Knal (s?p-> r^O), zur Schale des Taumels für alle Völker geworden. Während die heiligen Männer im Judenthum gegen den Materialismus, die Skepsis, die Afsimilationssucht und die Jagd nach irdischen Gütern kämpften, hatte sich Edom's und Jsmael's der religiöse Wahnsinn bemächtigt. Die halbwilden Schaaren von den Ufern des Rheines und der Donau hatten sich auf Palästina gestürzt. Ihr Weg war mit dem Blute unschuldig ge mordeten Judcngemeinden gedüngt. Seit fast einen: Jahrhundert wogte der Völkcrkampf. Maimonides war es vergönnt, zu erleben, daß sein Schüler, der große Saladin, das verhaßte Edom aus dem heiligen Lande hinansschlug. Ein zweiter Cyrus, gewährte er den Indem die Rückkehr in ihr Land. Aber ein ver­heerender Einfall der Tartaren machte dieses große Ereignis; illusorisch, so daß Nachmanides bei feinem Einzuge in Palästina um 1266 eine Wüstenei und nur eine ganz kleine Anzahl jüdischer Flüchtlinge vorfand. Auch die französischen Juden, eine Anzahl von 70 Tossafisten an der Spitze, hatten sich znr Rückkehr nach Palästina gerüstet. Es war eine Zeit der größten Noth und Zerrüttung seit der Zerstörung Jerusalem's und zugleich der größten Hoffnung auf das endliche Eingreifen der Vorsehung in den wüthenden Kampf der Fremdlinge um das Erbtheil Jakob's.

Wir sehen, wie diese Hoffnung, gestützt durch geheiligte intime Ahnen­tradition er stammte in gerader Linie von. dem Verfasser der Mischnah, dem Nachkommen Hillel's und David's ab das Thun und Trachten des Maimo­nides beherrschte. Daraus erklärt sich, daß er sich berufen fühlte, die Halacha abzuschließen. Der Erste, der diesen Weg eingeschlagen, war N. Acha, Gaou von