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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Kraft der Phantasie durch die Auflösung zu zersetzen. Es gicbt da keine frömmelnde Apotheose in theologischen Phrasen, die aus Nacht Tag macht und das Unvoll­kommene und scheinbar Zwecklose mit heuchlerischer Apologetik als die höchste Stufe der Vollkommenheit und begrifflichen Zweckmäßigkeit hinzustellen bemüht wäre. Im Gegentheil. Derselbe Geist, welcher die ganze heilige Schrift durch; zieht, im Kohelet, wie der Talmud sagt, bis hart an die Grenze der unzulässigen Auflehnung streift, im Hiob nur durch den Weltschmerz Entschuldigung findet, in den Gebeten der Propheten und Psalmisten als Eingriff in die Handhabung des strengen Gesetzes (Hin) und Ersetzung und Milderung desselben zur Liebe (Uackamim) vorkommt, steigert sich bei Mose, dem Demüthigsten der Menschen, bis zur Demission des konstitutionellen Berathers des Weltherrn, wenn er sagt: Wenn nicht (meiner Bitte um Gnade willfahrt wird), so streiche mich aus Deinen: Buche!" Oder wenn er die angesagte Führung des Volkes durch.einen Engel, den er nicht kennt, ausschlägt mit den Worten:Wenn Du nicht selbst gehst, so laß uns hier" (2. Buch Mofes 33, 16) und schließlich seine Bitte durchsetzt.

Einer der größten Weisen, R. Mena ch emAsarjadiFa n o , ver­weist im ersten Kapitel seines wunderbaren Werkes Nosara dkaamarot auf die Kkihnheit, mit welcher der gottbegnadete Vertreter Jsrael's sein Urtheil vor dem höchsten Richter geltend macht.

Maimonides und Sohar kommen hier zu einer höchst merkwürdigen Parallelität der Anschauung aus ganz eütgegengesetzten Regionen. Es heißt im Psalm 33: P2OQVon der Höhe Seines Wohnsitzes beobachtet

Er alle Bewohner der Erde." Die Anfangsbuchstaben der drei ersten Worte des Satzes, sagt der Sohar, bilden den Namen NNDz denn er (Mose) ist der Dnor balmsclroaclml:, der Leitungsdraht, wie wir heute sagen Wunden, durch welchen sich die Vorsehung äußert und mit der Welt in Verbindung tritt. Deut­licher sagt dasselbe Maimonides im lVIorel: zu dem talmudischen Satze: Die Erzväter sind die lVlerlmdab, die Stützen der Weltleitung, weil sie durch die Macht ihres Aufschwunges zum Höchsten, durch ihre Liebe (Abraham), ihre Ehrfurcht (Isaak), ihre Innigkeit (Jakob), wenn man so sagen darf, erst die besondere Aufmerksamkeit der UlascbZnclmI: (Vorsehung) herabgezogen haben.

Uebrigens steht dies ja deutlich genug in den Worten (5. B. M. 10,14): Siehe, dem Ewigen, d. G., gehören die Himmel und höchsten Himmel, die Erde und alles darin. Nur an deinen Vätern hat der Ewige Gefallen gefunden." So sagt auch Arnos (8,2):Nur euch kenne Ich unter allen Familien des Erd­bodens, deshalb rechne Ich euch an alle eure Sünden." Und so erklärt auch der Chossid den Satz (5. B. M. 11,12):Das Land, welches, der Ewige, d. G., beachtet, beständig sind dis Augen des Ewigen, d. G., darauf gerichtet von Anfang des Jahres bis zum Jahresende." Das Glcichniß von der: 7 Augen (Secharja 3,9) wird gebraucht für diesiebe:: Hiüten" (Ahraham, Isaak, Jakob, Josef, David, Mose und Ahron), die Leiter der Vlorsehung, die in Palästina ruhen und in ihrer Unsterblichkeit die Verbindung mit der Ulaocbgncbab Herstellen. Die 5 erst­genannten ruhen in Palästina, die zwei letztgenannten in seiner Nähe. Das ist shmbolisirt in dem Wörtchen N2 nach seinen: Zahlwerthe. Nun wissen wir aus der Einleitung des zweiten Ebesoecl l'udralmm (Ahraham Friedman), daß alle Betrachtungen der Omüiral: (Forschung) und Kabbala auf dem Prüfstein der dreizehn Glaubensartikel ihre Echtheit erproben müssen. Die einfache schlichte Wahrheit kautet da, daß die Vorsehung sich aus die unbedeutemdsten Vorgänge in: Universum ebenso wie aus die bedeutendsten erstreckt. Nun besteht die Gokt- ähnlichkeit des Menschen darin, daß sein Auge, dieser winzige Stecknadelknops,