95
Auch der U'ue joscbuab, der spätere Frankfurter Rabbiner, der damals noch Rabbiner in Leinberg war, hatte Anlaß gefunden, den Balfchemtow zu respektiren. Denn derselbe hatte einen Schachet entlarvt, welcher ein geheimer Anhänger jener fluchwürdigen Sekte war und, nachdem er das Schächtrnefser dem Rabbiner zur Prüfung vorgelegt hatte, es vor dem Schächten an einem Rockknopfe unauffällig schartig machte, um die Frommen nur das Religionsgesetz übertreten zu lassen. Ebenso trat er gegen die damals neu erscheinenden kabbalistischen Werke verdächtigen Ursprungs auf. Er sagte einmal: es wird da ein neues Werk gedruckt, das wieder neue Ketzereien veranlassen wird. Bald darauf erschien das anonyme Lliemclat Ulajamim, als dessen Verfasser Natan von Gaza, der falsche Prophet des Ketzers, gilt. Eines Tages sagte er, man hätte ihm im Traume gezeigt, daß einer seiner Leute, der alte R. Eleasar, dem Glauben seiner Väter untreu geworden sei. Dieser, zu Tode erschrocken, wußte nur anzugeben, daß er bei Nacht sich in ein neu erschienenes Druckwerk vertieft habe, und das war gerade jenes LbernclM Ulajamim, das von Frömmigkeit übertrieft. — Auch dem A m u l et t e u w es e n, 'das so viel Unheil angerichtet hat, steuerte der Balfchemtow und setzte die Macht des Gebetes an seine Stelle. (In Italien hingegen ist heutzutage von der ganzen jüdischen Religion nur noch der Glaube an das Amulett geblieben.) — Eine andere Neuerung war die Wiedereinführung derx^tp die auch bei der Sephardim
wieder zur Geltung gebracht war. Die Thora verbietet nämlich das Betreten des Heiligthums und die Berührung reiner Gegenstände durch Personen, die nach unvermeidlichein sexuellem Umgang oder sonstigen Schwächezuständen dieser Art, sich nicht der vorgeschriebenen Reinigung im Tauchbade unterzogen haben. Esra dehnte dieses Verbot auf das Gebet aus, das er solchen Personen untersagte. Zur Römerzeit, als' die Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften mit Todesgefahr verbünden war« nahmen die Gesetzeslehrer keinen Anstand daran, daß dieses Verbot nicht beachtet wurde, und so blieb es> in Europa während der Verfolgungen des Mittelalters, die an Härte den römischen in Nichts nachstanden. Mit dem Anbruche ^iner besseren Zeit beeilte sich der Balfchemtow, dieses Gebot der Reinigung als erste Vorbedingung eines lauteren Gebetes wieder in seine Rechte einzusetzen, namentlich auch für den Sabbath.
In Philisterkreisen machte diese Neuerung um so mehr böses Blut, als so mancher seinen Ruhm darin fetzte, so lange er lebte, keinen Tropfen Wasser auf dem Leibe gehabt zu haben. Die Tauchbäder waren zu jener Zeit des allgemeinen Verfalls in einem schauderhaften Zustande, und namentlich für hektische Personen war es mit Lebensgefahr verbunden, der für das weibliche Geschlecht si als Grundlage der Heiligkeit der Ehe oorgeschriebenen Pflicht zu genügen. Ü
Selbst in Krakau, wo das Gemeindebad erst vor etwa 80 Jahren durch die i Bemühungen des R. Saul Landau renovirt wurde, befand sich dasselbe in t desolatem Zustande. Ein Chossid, Namens) Samuel Pi Iller, der aus f Furcht, vom Pöbel gesteinigt zu werden, es nicht wvgen durste, am Sabbath Morgen in die Mikwe zu gehen, genügte dieser Pflicht um zwei Uhr Nachts in einer Winternacht, da die offen stehende Mikwah« in welche etwa 40 Stufen hiuab- führten, unbeleuchtet war. Als, er sich entkleidete, hörte er unten im Wasser Jemanden plätschern. Da es als erster Grundsatz des Chaßidismus gilt, nichts zu fürchten, als Gott allein, Gespensterfurcht als Zweig des Götzendienstes gilt, so rief er hinunter: „Wer ist dort?" Er erhielt keine Antwort, obwohl das Tauchen fortgesetzt wurde. Unerschrocken ging er hinunter, und sah bei einen! Strahl des Mondlichtes, das durch die zerbrochenen Scheiben glänzte, einen — Hund, der aus das eingefallene, von Schnee bedeckte Dach gekrochen und durch