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boden für die Assimilationssucht der Neologen und ihre Reformen bildete. Auch in Deutschland, wo der Jude nur als unentbehrlicher Finanzmann geduldet war, dem Unbemittelten der Aufenthalt durch alle erdenklichen Plackereien und Beschränkungen umnöglich gemacht tvurde, ließ die Jagd nach dem Gelde keine ernst- siche Beschäftigung mit den Idealen! der Religion, keine wahre Weihe für Thorastudium aufkommen. ^ Der Verkehr an den Zahllosen kleinen Fürstenhösen, die so sehr aus die Juden airgewiesen waren, daß der große Kurfürst vergebliche Anstrengungen machte, um sich hundert Thaler auszuleihen, konnte auch nicht gerade zur Stärkung südischen Wesens beitragen. Französische Sitte und Sittenlosigkeit fand daher, wie Jabez klagt und fast ein Jahrhundert früher schon Law Imjascbar geklagt hatte, in den reichen Familien Eingang. Namentlich wurde die Erziehung der Töchter auf französischem Fuße durchgesührt und damit das Fundament des jüdischen Familienlebens untergraben.
Der polnische Bachur, der für sein eisernes Gehirn zu Hause ebensowenig die nöthige Nahrung fand, wie für seinen eisernen Magen, ging nach Deutschland zu den durch ihren Scharfsinn berühmten Lehrern und den durch ihre offene Hand berühmten Reichen. Er fand eine ganz ungewohnte, neue Welt, die mit der heimischen Exklusivität des strengsrommen, an alle Entbehrungen und Todesgefahren gewohnten Juden nur zu sehr kontrastirte. Diese schwächlichen, ewig lächelnden und witzelnden Männlein in den französischen Dreimastern, gepuderten Allongeperrücken, Schnurrbärten ä la biene v guatee und aurumgeschabten Wangen machten zuerst einen äußerst komischen Eindruck aus den ernsten, baumstarken Fremdling. Die Freundlichkeit, der Anstand, verbunden mit einer durch ihre Naivität innig scheinenden Frömmigkeit, lassen ihm dieselben jedoch bald als weit höhersiebende Männer erscheinen, und er erschrickt bei den Vorträgen seiner Lehrer, welche die Freiheiten strafen, denen sich diese Frommen unterwegs oder wenn sie sich unbeachtet wähnen, hingeben. Es ist ergötzlich, zu lesen, was Jabez über die Modesucht, die französische Dekolletirung u. s. w. schreibt, wie er die Köchin angreift, welche tonangebend in den neuesten Moden ill. Er hat merkwürdiges Glück gehabt mit seinen Schriften. In Polen wären solche Bemerkungen bei einen: Manne seines Ranges geradezu unmöglich gewesen. Es scheint, daß in Deutschland schon damals die Köchin den Rang als Allerer basi-asis, als „Fentralorgan für die Interessen des Judenthums" eingenommen hat, so wie heute.
Unsere alten Rabbinen kamen nie in die Lage, sich über solche Dinge zu orientiren. Die Meisten hatten nichts zu essen, bei den anderen besorgte die Rabbinerin selbst das hohe Amt. Der Rabbiner selbst bekam und bekommt noch beut? in seiner Umgebung nie etwas anderes zu sehen, als männliche Bedienung. R. Jakob Emden klagt selbst darüber, daß er standesgemäß eine polnische Frau heinllühren mußte, obwohl ihre Erziehung so sehr von der der deutschen difserirte. sSiehe dessen von einem russischen Orientalisten Kaganow gedruckte Selbst- choaravbie leeret Leier. 1896.). Die eigentbümlichen volnischen Verhältnisse illnstisii folgende Anekdote: Der Schwiegersohn des Hamburger Rabbiners M Isaak Horwitz, welcher dein R. Jonathan Eibeschütz nachfolgte, war
M M ende lllllubin aus Lisko in! öisilizien. Seine Frau Beile war in Hamburg erzoa-n und durch ihre Gelehrsamkeit und Klugheit berühmt. Nach dem Tode des Vaters ging R. Mendel auf den Nabbinervosien nach Lisko zurück. (Sein Sohn war der durch Geill und Witz berühmte Chaßidimrabbi R. Naftali Rubin bon Ropezpce.h Der Koch des R. Mendel war ein vollendeter Vor 6^12), d. h. noch weniger als ein gewöhnlicher ^insiaarer:. Er ließ es sich aber nicht nehmen,