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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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des voraussichtsvollen Weisen verbrannt haben. Ein. zweiter Kollege, der, ebenso bedeutend, vor R. Dowber in den Hintergrund treten mußte, war R. Pinchas Ko r r e tz e r.

Die Bedeutung dieses Mannes wird nicht dadurch geschmälert, daß seine Schüler Aufzeichnungen von ihm gesammelt haben, die einer mehr scholastischen Philosophie zuneigen, andererseits mit phantastischen Ausschmückungen versehen sind. Es existirt ein Brief von ihm an feinen Freund und Kollegen R. Jesaia von Duncüviec, im antiken Style R. Jehuda Halevi's (Eogri) gehalten, worin cr ihm Aufklärungen über Fragen giebt, die seine innersten Gedanken beschäftigt haben, wobei er ihn aus der Ferne durch seelischen Contakt beobachtet habe. Da er neben seinem Kollegen kein geeignetes Feld für seine Lehrtätigkeit fand, suchte er die Zurückgezogenheit in einem kleinen Kreise auf. Seine Kinder und Enkel zogen sich gänzlich von den Chaßidim zurück und sind durch die großartige Druckerei, die sie ür Slawuta angelegt haben, > welche die Amsterdamer und Ve- netianer Prachtwerke weit übertraf, ebenso berühmt geworden, wie durch das Martyrium, welches zwei Enkel, R. Mose Abc und R. Pinchas, unter Kaiser Nikolaus erlitten. Auf die Denunziation eines Renegaten, welcher sich nach­träglich auf dem Dachboden ihres Hauses erhängte, wurden sie zu mehreren Jahren schweren Kerkers vermsiheilt. Vorher mußten sie Spießruthen laufen mrd bekamen zu 1100 Ruthenhiebe. N. Mose Abe pasfirte die Soldatenreihen mit demTillim" in der Hand, und als ihm dasselbe aus der Hand sieh ließ er sich durch die fürchterlichen Hiebe nicht davon abhalten, dasselbe erst wieder anfzu- heben. Die Entfernung der Ruthenspitzen aus dem verstümmelten Fleische er­trugen sie mit derselben stoischen Gelassenheit, sodaß ein bei der Operation an­wesender jüdischer Militärarzt einen Schwur that, von da cm jeden Tag Tefillin zu legen.

Eine von der Legende umwobene Persönlichkeit ist R. Leb Sores, den Graetz mit der bekannten Gründlichkeit des großen Forschers hartnäckig Leib S-erham" nennt. Sein Quellenstudium über die zeitgenössischen polnischen Juden, denen er mit der gebührenden Verachtung und dem Vorurtheile des mo­dernen Pserchosemiten begegnen zu müssen glaubt, beschränkt sich nämlich auf die Maaßebüchel des erbärmlichen Lemberger Druckes.

Dort stehtLeib O'NNV" mit modernem, ihm in jüdischen Schriften un­gewohnten Apostroph; das heißt:Sohn der Das Zeichen hat er für

einen Fliegenfuß gehalten undSerham" gelesen.

Ein Gegenstück zu diesem merkwürdigen Manne, der den Entwurf zu dem Romaneder -etvige Jude" hätte abgeben können, findet sich fast auf der südlichen Hemisphäre bei den Juden in Demen. Dort wird bei großen Nöthen noch heute das Gxab des Schalom Salam, Sohn der Mischta, Alschiswi ben Josef ausgesucht, 3 Tagereisen von Mokka und 10 von Sana. Der war ein Weber in der Stadt Taiz, und wenn die kleinen arabischer, Könige die Juden gar zu hart drangsalirten, so war er es, der die in dunklen Verließen Schmachtenden aus ihren Ketten befreite. Er erschien in den Schlafgemächern der Könige, ohne daß ihn Schlösser und Leibwachen daran hindern konnte«!, und züchtigte sie so lange und nachdrücklich, bis sie ihre Verfolgungen rückgängig machten. So erzählt die Pe,neuer Volkssage. Es sind Gedichte von ihm vorhanden, die Jbn Saphir mit- getheilt hat, voll religiöser Begeisterung und hohen poetischen Schwunges, auch Berichte von Visionen, die er in Jerusalem im Jahre 1576 gehabt haben will.

Ganz dieselbe Sagenbildung mnwebt das Haupt R. Leb Tores', über den ein Empfehlustgsschveiben des R. Dowber gedruckt ist, wo,rin er ihn, bei einer Thätigkeit, die er° nicht näher angeben will, der Aufmerksamkeit seiner Anhänger