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Der Maim hat den Talmud vergessen, der sehnliches von den Amoraim erzählt, die vor dem Beginn des Studiums eine XNIN'III XMN, einen Scherz veranstalteten, um den Trübsinn zu verscheuchen, und dann sich in den Tallis hüllten und wie der Talmud schließt, in furchtvollcm Ernst dasaßen. —
Wenn übrigens diese Episode nur dazu gedient haben sollte, um den unreinen Wiedehops aus unbewußte Weise hinauszubugsiren, so war es auch ein gelungenes Kunststück.
„Ich entschloß mich also", fährt er fort, „die heilige Stadt Meseritsch zu verlassen. Nach einigen Tagen nahm ich meinen Segen vom Zaddik und empfahl mich bei allen Freunden auf Nimmerwiedersehen." —
Nun folgt eine obstrnse Erklärung der Organisation, die er in Weise, Listige, Starke und Gutmüthige cintheilt, aus welcher folgender Passus hervorzuheben ist, der den merkwürdigen Eindruck kennzeichnet, der in diesem unstäten, exzentrischen Geiste dennoch zurückgeblieben ist.
(S. 108 Fußnote.) „Ich kannte einen dieser Lnbborim. Es war ein junger Mann (höchstwahrscheinlich der später unter dem Namen R. R. Süsche bekannte Rabbi von Anapolje), mager, von schwachem Körperbau und bleichem Gesichte. Er reiste in Polen umher, um Anhänger zu werben. Dieser Mann hatte eine geheime Kraft im Ansehen und im Plicke seiner Augen, um Schrecken auf die Menschen zu werfen und sie zum Gehorsam zu zwingen, sodaß er eine tyrannische Herrschaft über sic ausübte. Wenn er in eine Stadt kam, war seine erste Frage nach den Einrichtungen der Gemeinde. Was ihm daran nicht gefiel, befahl er aufzuheben und umzuändern. Seine Befehle wurden mit strengster Genauigkeit ausgefühA. Die Vorsteher erschraken und erzitterten vor ihm.
„lind doch waren es zumeist alte und angesehene Leute, deren kleiner Finger seine Thorakenntnisse aufwog? Einmal widersetzte sich gegen ihn einer der großen Talmudisten, der sich weigerte, an die Zaddikim zu glauben. Der 6i1g)or sah ihn mit Zornblicken an, und dieser Blick erschreckte den Tlimmgml so sehr, daß ihn vor Aufregung ein hitziges Fieber ergriff, an dem er nach einigen Tagen starb. Diese Geisteskraft und Energie hat sich der Oiddor durch seine Erziehung als Stoiker seit seiner frühesten Jugend erworben. (Lic!)"
Zu dieser rationalistischen Ausflucht muß man denn doch fragen: Käsum teneaiis, amici?
Den Schluß seiner Erzählung bildet folgender Sab: „Da begann der Kampf gegen diese Chaßidim, dessen Führung der in der ganzen Diaspora rühin- lichst bekannte Gaon R. Elia von Wilna übernommen hatte. Dank seiner Energie ist die Macht derselben gebrochen und sind nur vereinzelte Aehren davon übrig geblieben, die in einzelnen Provinzen zerstreut und zersplittert sind."
So malt sich die Praktische Welt in dem Wölkenkuckucksheim des littauischen Philosophen und seines Adepten Graetz aus.
Geschichtliche Analogiecn — R. Mose Takn.
Was den Zeitgenossen als etwas unerhört Neues vorkam, war in der That nur die Wiederholung älterer Gcschichtsprozcsse, die durch die Drangsale der Jahrhunderte in Vergessenheit gerathen waren. Obwohl der Aehnlichkeit der Benennung „Chaßidim" mit früheren Organisationen an sich nicht die geringste Bedeutung zukäme, so ist uns doch ein Bericht eines längst verschollenen Augenzeugen. wiedererstanden, in dem vor Jahrzehnten aufgefundenen Fragmente des V'VN IM von R. Mose Taku, worin die damaligen Chaßidim, die Schüler des R. Juda Chaßid in den französischen Rheinprovinzen, in Schilderungen vorge-