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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Am Grabe des großen N. Naftali Cohen Zedck hieß er den Raw um­kehren, da inan seiner in der Heinrath bedürfe, und schiffte sich mit den klebrigen nach dem gelobten Lande ein. Dort wählte er seinen Wohnsitz in Liberias, das seit seinem Wiederaufbau unter Josef,, dem jüdischeil Fürsten von Naxos, seit zweihundertfünfzig Jahren keinem Aschkenasi « deutschen oder polnischen Juden) Aufnahme gewährt hatte. Cs herrschten dort zwei Brüder Furchi, reiche und mächtige Sephardim, van denen der Pascha in Beyrut abhängig war, und die an einem Ausstande gegen den Vali von Damaskus sich mit Söldnerschaaren und Kanonen betheiligten. Der Eine wollte dem polnischen Rabbiner nur unter der Bedingung Einlaß gewähren, daß er ihm seine durch Schönheit berühmte Tochter zur Frau gäbe, wovon derselbe bei den Eheverhältnissen derFranken" nichts hören wollte. Gegenüber dein imponirendcn Willen des Rabbiners mußte der gewaltthätige Mann klein beigeben, in der stillen Hoffnung, ihn später mürbe zu machen. Als er dann mit Unterdrückungen anfing, erfuhr er zu seinem Schaden, daß mit diesen Gibborim nicht zu spaßen sei. Sein Glücksstern erlosch, und er fand ein schlechtes Ende unter den Händen des Pascha.

In Jerusalem hatten die deutschen Jiiden die schon von dein Lck'Iob hundertfünfzig Jahve früher geschilderten Unterdrückungen seitens der Hefe der sephardischcn Bevölkerung zu erleiden, deren Denunziationen sie der Erpressung und der Bastonnade der Paschas überlieferten. Sic hatten ihre Synagoge ver­kaufen und die heilige Stadt verlassen müssen. Mit Hilfe der Schüler des Or kkackmjiin, darunter Azulai, der im Lirlle ssossek, Hilcbot Xilajiiu, mit Ehrfurcht diese Chaßidim erwähnt, schuf er darin Wandel und sicherte den Aschkenasim fortan den dauernden Wohnsitz in Jerusalem. Er begründete das großartige Pfründnersystem mit Hilfe der unbeschränkten Freigebigkeit der russischen Chaßidim, und ihm verdankt Palästina den Aufschwung, der trotz der Schwierigkeit der dortigen Zustände im Vergleich zu dein Zustande vor mehr als einem Jahrhundert ein sehr bedeutender genannt werden muß. Die Präponderanz der Chaßidim wurde auch durch den dadurch erregten Wetteifer der Littauer nicht mehr verdrängt. R. Mendel Witebsker führte die Aschkenasim auch nach Hebron ein, das heute noch 'der Hauptsitz der Chabadgemeinde ist. Auch auf das flache Land wollte er die jüdische Kolonisation ausdehnen und begab sich mit seinen Leuten nach Pekijin, einem Dorfe in der Nähe von Safed, das heute noch eine kleine sephardifche Bauernkolonie hat, fand aber unübersteigliche Schwierigkeiten. Sein hoch über das Alltagsniveau reichender Blick verkannte die Schwierigkeiten nicht, welche Palästina den Restaurationsversuchen entgegenstellt.Die Luft Palästina's macht klug", sagt der Talmud. Ich habe diese Erfahrung gemacht, sagte der Rabbiner, denn während ich zu Hause immer den Wunsch hegte, es möge mir vergönnt sein, wenigstens eine Schmone Eßreh mit der vollkommenen Ehr­furcht zu beten, wie sie dem König aller Könige geziemt, habe ich mich in Palästina auf den Wunsch beschränken gelernt, es möge mir vergönnt sein, ein einziges Wort mit der entsprechenden vollen Ehrerbietung herauszubringen. Ferner that er den Ausspruch, daß alle im Auslande erworbenen psychischen Fähigkeiten, die sogenannten in Palästina abgelegt werden mußten, um dem

schlichtesten Charakter des einfachen Mannes Platz zu machen, der sich dann erst wieder langsam emporheben kann.

Dieser Mann, der, wie sein Vorgänger R. Naftali Cohen Zedek, einen fürstlichen Hoshalt führte, trug sich mit weitgehenden Plänen. Es war eine Zeit, in der man, ohne Hellseher zu sein und ohne Furcht, Schwärmer gescholten zu werden, die Hoffnung hegen durfte, daß die Jahrtausende alten Fesseln gesprengt werden könnten. Träumte ja doch die Weltgeschichte selbst so lebhaft, daß jeden