Druckschrift 
Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
Entstehung
Seite
151
Einzelbild herunterladen

151

neuen religiösen Steuern, die der erfinderische Geist derLiebe" auf die Sabbath- lichter und das Koscherfleisch gelegt hatte, und die als Lichtpacht und Fleischpacht durch gewissenlose jüdische Pächter und die ihnen zugetheilten Schergen mit grau­samer Strenge unter Pfändung der letzten Kissen und Bettdecke am Sabbathabend eingetrieben wurden, um so härter empfunden. Unter Kaiser Josef wehte ein andrer, aber keineswegs günstigerer Wind. Mit instinktivem Vorgefühl des Kommenden sollte der Revolution von unten durch eine Revolution von oben vorgebeugt werden, die Friedrich II., der Atheist auf dem Throne, eingeleitct hatte und seiu Schüler in Oesterreich durchzuführen bestrebt war. Was die Pächter für die Steuern, das waren in dieser Richtung die im Verborgenen wühlenden Elemente der religiösen Anarchie, der geheime Atheistenklub der sogenannten Aufklärer, die so unauffällig als möglich wie Bohrwürmer an der jüdischen Eiche nagten und in Böhmen und Mähren ihr Zerstörungswerk so gründlich vollendet haben. Die Germanisation fand in den Kreisen der Neichen und des materialistischen Kaufmannsstandes, der von Wien und Leipzig die Keime der neuen Aufklärung und die geheimen 5krcmkheiten des Leibes und der Seele importirte, eine volksbeglückende Assimilationspartei. Wiederum waren es einige wenige Männer, an ihrer Spitze unser R. Elimelech und sein Bruder R. Susche, welche vermittelst der neuen, vom Balschemtow geschaffenen Organisation das jüdische schiss durch alle diese Klippen hindurchbugsirten.

R. Elimelech (17171787), der beim Auftreten des R. Israel in der Oefsentlichkeit etwa 17 Jahre zählte und während der 25 Jahre seiner Wirksamkeit Gelegenheit gehabt hätte, denselben persönlich kennen zu lernen, war dem außer­gewöhnlichen Rufe dieses Mannes nicht gefolgt, weil ihm die Benennung Lalscllem Wunderthätcr" nicht bchagte, worunter inan bisher nieist nur mit Beschwörungen und Formeln arbeitende Wundermänncr verstanden hatte, eine Praxis, die schon durch den TVri als gefährlich und veraltet stigmatisirt worden war. Erst als er von der Hoheit und Lauterkeit des Wirkens dieses Mannes, der mit Jenen nur den Namen gemeinsam hatte, überzeugt war, schloß er sich seiner Schule an, traf den Lehrer jedoch nicht mehr unter den Lebenden und unterordnete sich seinem großen Schüler R. Dowbcr, unter dessen Jüngern er den hervorragendsten Rang einnahm.

Gleichwohl war es ihm beschieden, an Stelle des rein doktrinären Systems des Letzteren, den Weg des Balschemtow fortzuschen, so daß er als der eigentliche sogenannteWundcrrabbi" zu gelten hat, worin ihm seine hervorragendsten Schüler N. Israel Koziniecer,der zweite Balschem"'genannt, fermer- R. Jacob Isaak Horowitz, der Scher voir Lublin, und R. Mendel Rymanower folgten.

Einer seiner jüngeren Schüler, R. Kalman Epstein zu Krakau, spricht sich iir seinem lichtvollen Werke dlaor VVagcbemescll über das Wesen des Wunders im Commentar zu R. Reell dahin aus, daß, wie Maimonides am Schlüsse des Leier Hamaclcla aussührt, das Wunder an sich für die Autorität des Mannes, selbst zur Prophctenzeit, gar nichts beweist. Das hat die Thora deutlich festgestellt in der Lehre:Wenn in Deiner Mitte sich ein Prophet erhebt oder ein Traum - sei,er und Dir Zeichen oder Wunder giebt, und wenn dieses Zeichen oder Wunder auch eintrifft, aber von dein Manne dazu benutzt wird, um Dich von dem Wege des wahren.Glaubens abzuleiten, so ist das als eine Prüfung zu betrachten, welche der Ewige gewähren läßt, um zu prüfen, ob sich das Volk von Ihm -abbringen lassen wird oder nicht." Gleichwohl wurde von dein wahren Propheten, wie Maimonides ausführt, ein Wunder verlangt, um ihn als solchen anzuer­kennen, wenn sein Lebenswandel und seine Lehren mit der Thora in vollem Ein­klänge standen, um seinen zeitlichen Befehlen Folge zu leisten oder ihn, wenn er

O