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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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des N. Dolvber fließenden, so merkwürdig unabhängig lind selbständig von­einander verschiedenen Systeme seiner Schüler kennzeichnet. Am Schlüsse demselben findet sich folgende Anleitung:

1) , Vor Allem muß man den Talmud mit Nascht, Toßasot und Cornmen- tatoren lerieen, jeder, soweit sein Verständniß reicht, dann erst die Poskim (Tecisoren), vor allem Schulckian Arnch Oraeb Llrajiin. Dabei mnß man um das richtige Verständniß beten; denn die Jugendsünden machen den Menschen blind, und wenn er auch dispntiren und Anderen die Ent­scheidung lehren kann, so vergißt er sie doch selbst und hält sie nicht. Deshalb muß man vor Allem Reue empfinden und vor Tagesanbruch mit sich selbst zur Rechnung gehen. Damals ist auch die richtige Zeit das Golus zu betrauern. Dieser Abrechnung mit sich selbst soll man auch am Tage einige Zeit weihen, dann wird man seine Sünden vor Augen haben, an die inan sonst niemals gedacht hat. Das soll man nicht ein- und zweimal und nicht bloß hundertmal fortsetzen, sondern bis man sich vom Himmel über ihn erbarmt. Tann soll er zu Gott beten, daß Er ihm den rechten Weg weise, damit er sein Leben nicht nutzlos vergeude, und daun erst werden seine Augen durch die Thora erleuchtet werden, und er wird die Gesetze richtig begreifen und befolgen;

2s besonders sich zu hüten vor Heuchelei, Lügen, Spott, übler Nachrede, Neid, Haß, Wetteifer, Zorn, Hochmuth, Frauenanblick und Reden mit Frauem auch mit seiner eigenen, namentlich wann die Entfernung geboten ist;

3) an den Todestag zu denken und beim Talmudlernen oder anderen Schriften nicht zu unterbrechen und zu beten, daß das Lernen selbstlos sein soll;

4) auch mit Ehrfurcht und Ernst jeden Tag einige Moralwerke einzusehen, Resclnt Ekocbmab, Sclilob und Obolmt blalvvmvotli;

5) zuweilen mit Ehrfurcht Einiges von den Schriften des Tri zr, lernen, aber nur unter Furcht und Ehrfurcht vor Gott. Unsere Voreltern in früheren Generationen besaßen heilige Eeelen und waren voir frühester Jugend an von Sünden rein, so daß ihre Seelen für diese Wissenschaft vorbereitet waren, aber jetzt, da wir leider einen dunklen und grob- materialistischen Körper haben, muß sich der Mensch erst reinigen und von allen Fehlern rcinwaschcn, was erst dann der- Fall ist, wenn der böse Trieb den Menschen nicht mehr zu Thorheiten'nnd Dummheiten verleiten kann. Dann mag er immer diese Schriften lernen, und wenn er seine Deukkrast wirklich völlig rein hat, so werden ihm die Thore dieser Weisheit geöffnet werden, während, so lange als die körperlichen Leiden­schaften lind die Nichtigkeiten der Zeit ihn noch einhüllen, das Studium dieser Schriften äußerst schädlich wirken kann.

61 Mail muß seinen Körper und seine Seele reinigen vermittelst des Studiums von Geinara. Auch die Agada im Talmud ist ein sympa­thetisches Mittel für die Läuterung der Seele.

7) Man muß sich auf alle AN voll Sünden lind böseil Gedarrten hüten;

8) sich hüten, irgend eineil Israeliten zu hassen außer solchen Frevlern, denen man ans keine Weise eine gute Seite abgewinnen kann, dorrst ist man verpflichtet, Jeden wie sich selbst mit Leib, Seele und Vermögen zu lieben, um das Gebot der Nächstenliebe:wie sich selbst" zu befolgen;

91 sich hüten, vor dem Gebete auch nur ein Wort zu reden, weil dies die Andacht stört;