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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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sein Zeitgenosse R. Esra Hanabi zu den späteren Tossafistcn gehörig, erklärte er, das; es noch etwa ÜOOO 71122^, seine psychische Eigenschaften, gebe, die erreicht werden können, bevor noch von wirklichem LNsPN (heiligen: Geiste) die Rede sein könne. Bet vielen schwärmenden Anhängern fand diese gegen allzu schwärmerische und depravirende Neigungen gerichtete Kritik 'keinen Anklang, und da der jugendliche Schüler eine derartige Anziehungskraft ausübte, daß von Nah und Fern die Massen sich zu ihm drängten, so daß sein Anhang größer zu werden drohte, als der seines Lehrers, fanden sich, wie bei Eldad und Medad, Eiferer, die, ohne böse Absicht Zwietracht säten und ihn als Schüler, der sich ats Neben-Autorität seines Lehrers aufspielt (12"> ^22 N11QN 1'QVN),

verleumdeten. Dazu kan:, daß er seine außerordentliche athtetische Körperkraft durch innere Anstrengung beim Gebete derart erschöpfte, daß, sein Leben in Gefahr stand. Er starb auch nach vollbrachtem Gebete am 19. Tischri 1812 im Alter von 45 Jahren.

Den meisten Anstoß erregte die Neuerung, daß er in seiner vulkanischen Manier des Talmudlernens mit den Vorbereitungen zum Gebet so lange znbrachte, bis er die nöthige Stimmung gefunden hatte, so daß die vorgeschriebene Zeit für das Gebet um viele Stunden überschritten wurde. Der Koziniecer Magid, 0er ihn wie seinen eigenen Sohn liebte, richtete einmal eine sanfte Ermahnung darüber an ihn:Muß man denn jeden Tag auf der schärfsten Schneide des Schwertes beten? Mir kann es passiren, daß ich bei noch in der

einfachsten, schlichtesten Stimmung des gemeinen Mannes bin, bis es gelingt mich mit Hilfe von Oben zu erheben." Der alte Lehrer R. Dowber hat die Regel aufgestellt: "Oi N1"1 "Dlir?Wer aus den Geist wartet, der kommt nicht zum Säen, wer da sieht, daß derselbe umdüstert ist, der soll sich dadurch nicht zur Verkürzung seines Dienstes abschrecken lassen". (Koh. 11,4). Unser R. Jizchak ließ sich jedoch von dem gewohnten Wege nicht abbringen. Als er ein sah, daß der Verdruß seines Lehrers und der Zwiespalt zwischen den Anhänger» gefahrdrohend werde, suchte er Hilfe bei dem eigentlichen Schüler des R. Elimetech bei dem bei den Großen der Zeit in höchstem Ansehen stehenden R. Mendel Toren: von Rymanow. Im Lcbebel jebucta vergleicht König Alfonso von Spanien in seinen Gesprächen mit dem Spanier Tommaso das jüdische Volk mit einem Baume, bei welchem in: hohen Alter die uralten Wurzeln die Ober­fläche des Bodens durchbrechen, dem Äuge längst entschwundene und verborgene Lebcnsquellen bloslcgend. So verhält es sich auch mit diesen patriarchalischen Erscheinungen, aus antiker, längst verschollener Zeit, die durch keine Schilderung in den Nahmen der Alltäglichkeit gezwungen werden können. Man kann sie an ihren Schatten messen, an den in entgegengesetzter Richtung arbeitenden destruktiven Elementen, denen, so inhaltslos und schemenhaft ihr geistiges Wesen sich auch darstellt, doch die Eigenthümlichkeit anhaftet, daß ihr Vorkommen, ihr Auf­treten und die Verheerungen, die sie angerichtet haben, ebenfalls nur in verein­zelten, durch halbe oder ganze Jahrtausende von einander getrennten Epochen beobachtet wird. Wenn die früher Genannt«: mit dem Astronomen Samuel des Talmud sagen konnten, nebirin li sebervile clir'km, die Bahnen des Himmels sind mir bekannt, wie. die Straßen Nehardea's, so glich dieser Mann dem Feld­herrn, dessen scharfes Auge auf die Niederung und in die Ferne gerichtet ist. In Neustadt a. d. Weichsel um 1745 geboren, hatte er als Talmudjünger in Daniel Jafsc's Beth Hamidrasch in Berlin studirt und sich namentlich in das Studium des Alfasi vertieft. Sein tiefes Gemüth lechzte jedoch nach Be­friedigung, und als er einmal so lange gelernt hatte, daß ihm förmlich die Zunge