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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
Entstehung
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leitung, die in dm schwärmerischsten Ausdrücken der Verherrlichung des Rabbiners abgefasst ist, wie sie einen: der alten Propheten gegenüber nicht höher gedacht werden kann, ersehen wir, gleichzeitig mit den Berichten über die Ehrungen, die seinen: Zeitgenossen R. Meir von Rotenburg in Deutschland dargebracht wurden, daß dem Vorwurf des Personenkultns, den man den Chaßidin: macht, geradezu lächerlich ist gegenüber den: Ansehen und Einflüsse der Altei:, welche nur unter den Drangsalen des Exils, der llnbotmäßigkeit der Menge und den: Einflüsse hochmüthiger Reichen verloren gegangen waren und als Zeichen des wieder er­wachenden Selbstbewußtseins und der Reorganisation des Volkes von den Ehaßidim wiederhergestellt worden sind. Diese Sammlung um ein geistiges Zentrum, die Anerkennung eines über der Menge stehenden Oberhauptes ist das wesentlichste Postulat des Chaßidismus, und R. Israel Kozinieccr sagt in seine!:: bler fsrael, daß alle Anstrengungen des Israel feindlichen Genius nur darauf gerichtet seien, diese Reorganisation, die seit Mose und der: Propheten, den Oberhäuptern, Patriarchen und Erilarchcn in immer schwächerem Maße schließlich bei den Zadikin: geblieben ist, gegen alle möglichen Kompensationen auf physischen: und geistigem Gebiete zu verhnchern und durch das Zerreiße:: dieses Bandes die Zerstörung des ganzen Organismus zu bewerkstelligen.

Leider hat es seit Korach zu keiner Zeit an Elementen der llnbotmäßigkeit und Auflehnung gegen jede Oberleitung gefehlt. Und dieser Vorwurf trifft auch den neuen Organisator, von dem hier die Rede ist. Er hat eine Art polnischer Wahl­republik eingeführt, in welcher Jeder die Herrscherkrone in irgend einer Tasche mit sich führt, wie eine Heerde, die keinen Hirten anerkennt, sonder:: höchstens einen Leit­hammel, der sich von den andere:: nur dadurch unterscheidet, daß er voran oder in der ersten Reihe geht. Jeder dieser Chaßidin: ist ein Rebbe, wenn er Lust und Zeit hat. Der Ursprung dieser Desorganisation war in den: Rückschläge zu suchen, der nach bem ganz neu und unvermittelt hereingebrochcnen Ausflammen des Eindruckes so außerordentlicher Männer und ihrer die persönliche Willensfreiheit aufhebenden Ueberlegenheit und ihres suggestive:: Einflusses durch die mit ihre::: Hinscheiden ent­standene unausfüllbare Lücke sich einstellen mußte. Dazu kan: die Spaltung in zwei Lager. Diese Gesellschaft kann ebenso wie R. Akiba Eger und R. Mosche Soser nur aus dem für die modernen Juden so ganz fremdartigen Standpunkte der alten Talmudlebrer, Tannain: und Amoraün, beurtheilt werden, so wie wir es im Talmud Baba Kama 117 von R. Jochanan und R. Kahana erzählt finden, in Baba Mezia von R. Jochanan und Resch Lakisch u. dgl. :::. So waren Leide Parteien,' die Anhänger des Sehers, wie die desJüd", nicht einen Augenblick in Zweifel darüber, daß der frühzeitige Tod des Letzteren nur den: Berdrusse, der des Ersteren zuzuschreiben sei. Hatte doch das Oberhaupt

der russischen Chaßidin:, R. Mordchai Czernobiler, bei einen: Zusammentreffen mit dem Rabbi'von Lublin an denselben die Frage gerichtet:Wie läßt man einen solchen Schüler sterbe::?", die dieser mit den Worten beantwortete:Ich habe einen zweiten R. Jesaia von Przedborz, dessen Or Vbora. scheint 121O Und doch hatte er nicht diese:::, sondern einen: Schüler

höheren Ranges, dem bereits erwähnten R. Meir Apter, die Führung an seiner Stelle übertrage::. R. Snnche Bunen: hingegen, den sein Lehrer den: Seher als »ein dein Feuer entrissenes Scheit" vorführte, war von ihn:, wenn nicht zurück­gestoßen, doch mit kühler Zurückhaltung behandelt Warden.

Es liegt uns über dieses Verhältnis; eine interessante Reminiscenz von einem andren Schüler vor, des R. Leibisch Wisznitzer, Verfassers der iix N112N2L'benannten Response::, eines scharfsinnigen Gelehrten ersten Ranges.