Die Schilderung des freisinnigen Polen Grafen Lader Branicky, Ver­fasser des LramL kolrut/, von dem 'Eindrücke, den R. Israel Friedmair von Rozan auf ihn gemacht, ist zwar wegen ihres Beigeschmackes für den Inden ungenießbar, aber sie ist überschwenglich.

Was nun jene neuen Führer in Kongreßpolen betrifft, von denen speziell die Rede ist, so liefern sie uns das Verständniß für die Schattenbilder, die uns in den verschiedenen Usurpatoren des Thrones von Samaria vorgeführt werden. Es ist dasselbe „Jenseits von Gut und Böse", das Streben, die angeborene Humanität und Güte des jüdischen Charakters (ON ION ^O) durch die Härte des rauhen Starken zu verdrängen,, wie Menachem und Pekach, die ihre Herren rücksichtslos bei Seite schoben, so daß sie der Talmud leste8, Gewalt­menschen, nennt (Jer. Horajot). —

Als R. Bunem starb und die Frage aufgerollt wurde, wer sein Nach­folger werden solle, wartete R. Mendel sein Leichenbegängniß nicht ab, und mit den Worte»: „Mit dem Geiste des Lehrers habe ich in Verbindung gestanden, aber nicht mit. feinem Körper", sammelte er seinen Anhang, begab sich in das Städtchen Tomaszow und proklamirte sich als feinen Nachfolger. Seine ver­dutzten Kollegen schlichen ihm nach, mit Ausnahme des R. Isaak Wörter, des Schülers des R. David Lelower, eines sehr gemäßigtem, frommen und sanft- müthigen Mannes von rastlosem Fleiße für die Verbesserung der religiösen und Humanitären Anstalten in Polen, der sich weiter nicht um R. Mendel kümmerte und sehr viel zur Reorganisirung der Massen bcigetragen hat.

R. Scholem Po hör obist er (1760—1801).

Während dieser Vorgänge an der äußeren Peripherie hatte sich der Kern der neuen Reorganisation an seinem Ursprünge in Volhynien und in der Familie des R. Beer Meseritischer in einer neuen vierten Phase entwickelt. Die geheime Parole des Chassidismus lautete: Anschluß an das uralte Zeitalter des Juden­thums in der Richtung, in welcher dasselbe mit dein Lichtschein der Zukunft den Weg nach Vorwärts erleuchtet. Ein Stillstand ist ebenso unmöglich, wie eine Rückkehr zu bereits überwundenen Entwickelungsepochen.

Der Greis kann sich nicht mehr in das vollkräftige Mannesalier zurück­versetzen, nicht mehr Jüngling spielen und sinkt zum blöden Idioten herab, wem: er die Naivität des Kindesalters nachahmen wollte. Seine Aufgabe be­steht darin, die höchste Stufe der Entwickelung in ruhiger, geklärter Weisheit in der höchsten dem Menschen erreichbaren Stufe der: Herrschaft der Seele über den Körper zu erklimmen, als Eingangsthor in ein höheres Seelenleben. Was für das Individuum gilt, gilt ebenso für das Collectivindividuum, das man Volk nennt. Das Golus in seinen verschiedenen Entwicklungsphasen ist nichts als die Vorbereitung für die höheren Lebenszustände der Zukunft. Der Bal- schemtow verbrachte den größten Theil seines Lebens in der Einsiedelei, in den unzulänglichsten Schluchten des Gebirges. Erst als er den höchsten Grad der Seelenfreiheit, der vollständigen Herrschaft über das eigene Ich, erreicht hatte, begab er sich in die Niederung, um, in die Oeffentlichke.it tretend, das Volk zu sich emporzuheben. Der Kreis seiner Macht erstreckte sich so weit, als der Botzen des alten Polen, mit dem Märthrerblut der Opfer der Katastrophe von 1648 getränkt und gezeichnet war. Die Thätigkeit dieses seltenen Mannes war eine rein psychische, die nur mit den erst seit neuester Zeit entdeckten Gesetzen der Induktion (Fernwirkung) auf elektro-magnetischem Gebiete verglichen werden kann, worüber die chaßidische Psychologie gleichfalls ungeahnte Ausschlüsse bietet.