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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Sem Schüler R. Ber fand das Terrain so weit vorbereitet, daß ec mit den entsprechenden. Individuen, die als Centralorgane des Volkskörpers gelten dürfen, in direkten Contakt zwischen Lehrer und Schüler treten konnte.

Da wir, auch wenn wir Aerzte sind, von den Vorgängen in unsrem eigenen Körper nur höchst unvollständige Ahnungen haben, die Psychologie hin­gegen in Windeln liegt, die noch schlimmer aussehen, als die der Heilkunde, so darf es nicht Wunder nehmen, wenn die Kräfte, die in der Volksseele weben und wirken, in tiefstes Dunkel gehüllt sind. Das Welträthsel, welches man jüdisches Volk nennt, dessen unbeachtete Wirksamkeit in der Weltentwicklung durch nach­trägliche Feststellung thatfächlich vollzogener Prozesse nicht geleugnet werden kann, wird dadurch nicht klarer, wenn wir uns an dm Sah halten:Kampf für Gott gegen Amalek von Geschlecht zn Geschlecht" (2. B. M. 17,16). Aber die Thatsache besteht, und unsere Geschichte bildet eine ununterbrochene Kette eines Wechsels von Siegen und Niederlagen. Nur selten leuchtet dem gemeinen Manne, der wie der Bauer auf dein Schachbvette hin und her geschoben wird, ein Blitz des Verständnisses der Strategie, die da geübt wird. Die ursprüngliche Ileberlegenheit des Feldherrn wird sein Unglück in Dauerkriegen, tvenn sein Gegner sich seine Taktik ancignet. Dahör ist es ein Zeugnis) von lebendigster Geistesgegenwart, wenn nach erreichten Erfolgen, ein vollständiger System- wechsel als Ueberraschung eintritt. Das geschah, als R. Abraham von Faftow an Stelle seines Vaters R. Ber die Führring übernahm. R. Ber hatte die seit sechs Jahrhunderten im Kampfe gegen die aristotelische Scholastik aus dem Dunkel immer stärker hervorgetretene jüdische Mystik irr seinen Schülern zu einer ganzen Reihe philosophischer Systeme nebeneinander entwickelt, in welchen sämmtliche mystische Conceptionen anftreten, die auf arischier Gegenseite nach einander, als ganz neue Bruchstücke unbekannter Provenienz, zu einander befehdenden philosophischen Systemen verarbeitet worden sind.

Das Resultat dieser Kämpfe !var im Feindeslager, daß die alte hellenische Philosophie in Trümmer geschlagen und das Ansehen der Philosophie, dieser alten Königin der Wissenschaften, derart geschädigt wurde, das; sie schließlich als Kadaver daliegt, dem keine Elektrisirung zur Auferstehung verhelfen kann. Während dieser PrvMst im arischen Lager mehr als ein Jahrhundert in An­spruch nahm, vollzog sich der Frontwechsel im jüdischen binnen drei Jahren.

Es giebt ein Kapitel in der Tbora, das zwar von jedem Kinde übersetzt wird und dennoch dunkler und tiefer ist als die dunkelste und tiefste Parthie des Sohar. welches sogar die ganze Kabbala als Voraussetzung postulirt. Das ist der Dialog zwischen Mosche und dem Ewigen (2. B. M. 33,12), worin jener die Führung durch einen unbekannten Engel ablehnt und sich für diesen Fall weiterzuziehen Weigert: 7NV 78-

Wenn irgendwo in der Thora, tritt hier die Behauptung des Balschemtow in volle Geltung: Das Wesen der Thora hat noch kein Mensch berührst. Ein solcher Engel war die Kabbala, welche, wie der Sohar sagt, an die Stelle der Physischen Prüfung durch! Scheiterhaufen und Opfer des Märtyrertodes die geistige und seelische Prüfung zu setzeil gekommen war.

Diese Prüfung war äußerlich betrachtet viel leichter, in mancher Beziehung jedoch weit strenger und unerträglicher, wie schon der Ari ach seinem Sterbe­lager gewarnt hätte. Wir müssen hier einen Augenblick Halt macheil, weil es sich um ein grundlegendes Thema, um die Wurzel aller Jrrthümer, handelt, in welche alle Unberufenen verfalleil sind, die dasselbe gestreift haben.

Die Hallptgefahr der Mystik, die so alt ist, wie düs Menschengeschlecht, besteht iil dein Wahnsinne des Pantheismus, der Wurzel aller religiösen Wahn-