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den die kleinen Enteil hineinsprangen. Die Henne lief ängstlich am Ufer hi» und her und schrie: Kinder, ihr werdet ja ertrinken. — Fürchte nichts, antworteten diese, wir sind hier in unserem Elemente." N. Nachum Zeigte sich beruhigt und verbot den Chaßidim jede weitere Kritik. Nach einiger Zeit zog R. Scholem nach Pohorobiste und- führte einen förmlichen Hofstaat. Das Ansehen, das er bei den vornehmsten Rabbinern genoß, und seine persönliche Anziehungskraft verschafften ihm Anhänger und Mittel zu seiner Lebensführung. Der allgemein gefürchtete Nestor R. Baruch, Enkel des Balschcmtow, vor dessen strenger Kritik weder der Naiv (lausn) noch selbst der Rabbiner von Berdyczew sicher waren, huldigte ihm, wie folgender Vorfall beweist: Ein sehr bedeutender Mann, R. Hirsch Leb von Olik, wollte einmal den R. Baruch besuchen. (Die Art dieses Mannes charakterisirt folgender Ausspruch über die polnischen Wunder- rebbes und Seher seiner Zeit. Er sagte: csn' „Der Weise steht
höher als der Prophet. Von den Propheten heißt es: Seit der Zerstörung des Tempels ist die Prophetie den Narren und Kindern gegeben worden. Das soll nicht heißen, daß die Propheten Narren find, sondern denjenigen, welche wie die Polen kleinlich veranlagt waren, mußte man Propheten und Wunder- inänner gcbeii, um sie beim Glaubeil zu erhalten.") Dieser Mann wollte nun den angesehenstell Rabbiner besuchen, ohne sich, lote dies in diesen Kreisen voll einem Besuche gilt, damit demselben unterzuordnen. So geringfügig das scheint, so müssen wir dabei im Auge behalten, daß wir es da mit Männern und Verhältnissen zu thun haben, die nur durch sonst unverständliche Analogien aus dein Talmud erklärt werden können und dieselben erklären. Wo Männer von verschiedener Geistesrichtung zusammenkamen, wie Samuel mit Rab, oder wie Rab Juda mit Rab Nachman, ist es immer zu störenden Reibungen gekommen, die weder auf kleinliche Rivalität noch auf lächerliche Etikeitefragen zurückzuführen sind. Es gilt da vielmehr der Satz des Talmud: INDINld 7N2)
was soviel heißt als: die Seelenhülle, die jeden bedeutenden Mann umgiebt, gerät!) in Störung durch die Aimäherung eines zweiten. Man muß diese feinen psychischen Apparate kennen, die weit komplizirter und empfindlicher sind, als die von Menschenhand konstruirten der modernen Technik, um die Nichtigkeit dieser Behauptung zu begreifen. — Er ließ sich also bei R. Baruch anmelden und wurde aus eine bestimmte Stunde bestellt. Dieser kannte in Bezug auf seine Person kein kollegiales Verhältnis), sondern nur Unterordnung. Um seinem Gaste keinen Stuhl anbieten zu müssen, ließ er alle Stühle aus dem Zimmer entfernen, bis auf den feurigen. R-. Hirsch Leb war aber darauf gefaßt und befahl seinem Famulus, aus seinem Logis einen Stuhl mitzunehmen, auf den er sich, nachdem die Begrüßung vorüber war, dann auch niedersetzte. — „Wer wagt es", fragte R. Baruch, „sich bei mir ohne Erlaubniß zu setzen? Wisset Ihr nicht, daß ich ein IN (soviel wie Primas) bin?" — R. Hirsch Leb antwortete: „Ich bin auch ein Eball declöro." — R. B.: „Wieso ist das möglich? Giebt es denn zwei Ebaä bectoro?" — R. H. L.: „Warum nicht? Giebt es doch zwei Ebaci gacijas." (Das Schlußlied der Seder fängt an: Oracl gachsa, cbm! gaäsa.) — Da diese Männer niemals Witze reißen, so wurde R. B. nachdenklich, stützte das Haupt auf den Tisch, erhob sich nach einer Weile und sagte: „Nein, es giebt deren vier. Ich bin Gner in Thora, Ihr seid Einer in Ekockiuob (Weisheit), R. Mordcha cht Einer-in Frömmigkeit und R. Scholem Porohobister Einer in Adel und der Fähigkeit, denselben weiter zu vererben. —