Achnlichc Aussprüche der angesehensten Autoritäteir unterdrückten jeden Zweifel und Argtvohn der sonst so äußerst mißtrauischen Chaßidim. R. Scholem's Vater R. Abraham hatte jeden Verkehr mit der Außenwelt gemieden. Man bekam ihn höchstens am Tisch'oh beaw zu Gesichte, wo er im Bothamidrasch von Abends bis Nachmittag ans der Erde sah, den Kops zwischen den Knien, während ein Thränenstrom zu seinen. Füßen niederrieselte. Sein einziger Schüler war der Naiv, R. Senior Salman; sonst gab er sich mit Niemandem ab. Sein Essen bestand für 24 Stunden aus der' Halit einer gebrateilen Taube; sonst nahm er keine Nahrung zu sich. Diese Askctik hat er auf seinen Sohn und seine Nachkommen vererbt. Er starb im Alter von 42 Jahren, das auch sein Sohn R, Scholem -erreichte. Auch dieser beschränkte seinen Verkehr mit der Außenwelt, aber auf andre Weise, als unnahbarer Fürst. Es ist voll ihm eine kurze, sehr strengfromme Anleitung über den Lebenswandel erhalten, welche dem Werke seines Vaters beigedruckt ist. Eine seiner Thesen lautet:
„Der Zaddik lebt in seinem Glauben." Darunter hat man anstatt der alltäglichen Bedeutung zu versteheil, daß der Zaddik ununterbrochen von dem Bewußtsein erfüllt sein muß, daß jede seiner Lebensäußerungen, jede Bewegung einer Faser seines Körpers und seiner Seele, einzig und allein eine Bewegung des Lebensodems ist, den ihm der Schöpfer zu Theil werden läßt. Dieser Satz findet sich zwar schon im Lusari, aber R. Scholem war einer der Wenigeil, die ihn auch in die Praxis umgesetzt haben. In seinein Sohne, dem bemhmten R. Israel Rosaner (spr. Rougeaner) gelangten seine Pläne zur Reife.
Ungarn.
Mit dem genialen Ausblick eines höheren Sinnes hatte der Chassidismus es vermieden, auch nur einen Schritt über die Grenze zu thun, die heilte gleich einer chinesischen Mauer das westliche von dem östlichen Judenthum scheidet. Die zwei Brüder, N. Elimelech und R. Süsche, welche auf ihren Wanderungen gewissermaßen das Terrain für die neue Organisation absteckten, machten in Oswiencim an der deutschen Grenze Halt, obwohl damals (um 1780) Schlesien und Posen noch in der polnischen Pelzmütze staken und kein oberflächlicher Beobachter ahnen konnte, daß diese Gebiete der Reform und der Assimilation verfallen seien. Zwar wollte R. Süsche gegen den Rath seines Bruders nach Deutschland hinüber; er kam aber nur bis Neuberun, das crpte deutsche Grenzstädtchen, und flüchtete noch in derselben Nacht zurück.
Hingegen breitete sich der Chassidismus über die polnische Südgrcnze nach Uugarn^au's, wo der XieclnKelms I.evi eine Reise bis nach Hajdu-Nanas unternahm und das ganze Land am Südabhange der Karpathen, soweit es'won Juden bewohnt war, in ein Bollwerk gegen die Assimilation umwandeltc. Einer der bedeutendsten Schüler des Choßid N. Schmelke Horowitz von Nikolsburg, der die Gelehrsamkeit und äußerst strenge Askese seines Lehrers geerbt hatte, R. Isaak Kalewer, sammelte als einer der angesehensten Chaßidimrabbid das Volk um sich. Der Njheler Rabbiner, R. M os es T e i t e l b a u m „ der ursprünglich als polnischer Rabbiner- ein so entschiedener Gegner der neuen Richtung war, daß er dem R. Elimelech, der in Sieniawa, seinem Rabbinaissitzc. an seiner Thür vorbeiging, nicht einmal die Hand zum Willkommengruß reichen wollte, hatte dein Drängen seines Schwiegersohnes, des unter dem Titel „Charis" berühmten R. Leibisch Wisznitzer, nachgegeben, um die von demselben so gerühmten Rabbis, den Seher von Lublin und den Koziniecer Magid, aufzusuchen. Wie Letzterer seine aeheimen Gedanken, einen Vergleich zwischen dem Wilnaer