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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Weiberusus, der als krasser Aberglaube erscheint, irgend ciucu positiven Grund haben könne. Es herrscht nämlich in Polen ein alter Brauch, daß Frauen und Mädchen bei nüchternem Magen nicht das WortNadel" aussprechen, jedenfalls im Zusammen­hänge mit dieser rüthselhaften Nadelsucht. Daß die bloße Einbildungskraft genügen soll, um alle vom sympathischen Nerv abhängigen, ohne Bewußtsein fungirenden Organe zum freien Durchlaß dieser Fremdkörper zu bewegen, ist nicht zu erweisen. Aehnlich verhält es sich mit der kvnstatirten leichten Heilung von im Kriege erhaltenen Lanzenstichen und Schußwunden durch die Lunge, die im gewöhnlichen Leben absolut tödtlich verlaufen. Es handelt sich um abnorme Seelenzustünde und Einwirkungen, die den Rahmen der physikalischen Gesetzmäßigkeit durchbrechen.

2.) VOIj). Nach allen Erklärungen scheint die einfachste, daß es sich

hier um die Macht der Rede handelt. So sagt Salomo (Spr. 16, 10): X6886NI ul 8ilt6 melaollEin Zauber ruht ans den Lippen des Königs; beim Urtheil geht sein Spruch nicht fehl." Ebenso ist Bileam der wegen der Macht seines gesprochenen Fluches gefürchtete Zauberer (Xo88vM), sodaß der Prophet Micha (6, 5) an die Gefahren erinnert, denen Israel durch sein Wort ausgesetzt war. Er wird im Talmud als paralleler Gegensatz zu MoscheProphet der Völker" genannt, und wenn die Thora seinen Prophezeiungen einen solchen Platz einräumt, so kann die Ansicht, daß es sich um Einbildungskraft und Selbsttäuschung bei ihm gehandelt habe, nicht aufrecht erhalten werden. Er ist vielmehr die Verkörperung des Räthsels, das uns die Thora aufgiebt, von dem unreinen, dem Tode geweihten Propyeten, welchem auf weilen Abwegen höhere Kräfte zur Verfügung gestellt werden, die stets bereit sind, sich gegen den Schöpferwillen aufzulehnen. In seine Zeit füllt der Zorvaster des Ostens, den die neueste Forschung in die Zeit Mosche's versetzt, nach dem die aus unwissenschaftlichen Zeiten" stammende Annahme seines Auftretens in der Perserzeit sich als falsch erwiesen hat. Vielleicht sind beide Personen lZ- und B.) identisch, woraus sich manche Parallelismen erklären ließen. Die Behandlung des Problems Bileam gehört zu den großartigsten Themen der Kabbala, in welchem ihre außerordentliche Ueberlegenheit in Behandlung und Auseinanderhaltung der Parallelen zur Geltung kommt. Es ist nach Pharao die erste Huldigung, welche das Heidcnthum des Ostens dem Judenthum zu leisten gezwungen wird, die historische Vorbereitung der heidnischen Völkerseele für ihre Unterordnung unter das Haus Abraham's im Islam.

Die Titel und werden sowohl in gutem, wie im schlechte» Sinne gebraucht. Es gibt u. s. w. Dagegen stellt Jesaia 3, 2

als Rangspersouen zusammen. Bileam füllt als lvo88oni durch das Schwert, weil er als echter Heide zu unsittlichen Ausschreitungen veranlaßt hat. Hingegen ist die übernatürliche Macht der Rede, des Segens, wie des Fluches, des Gebetes und der Vorausvcrkündigung, das Kennzeichen des Propheten sowohl wie des ausgezeichneten Frommen, der die' göttliche Gabe der Sprache niemals entheiligt hat. Es heißt Hiob 22, 28:Du sprichst einen Befehl aus, und er bestätigt sich Dir." Der Talmud (Baba Mezia 106) spricht diese Gabe schon dem einfachen jüdischen Landmanne zu, wenn seine Reliqiösität tadellos ist. Das ist die einzige Technik, welche der Ehaßidismus dem Zadd'ik beim Eingriff in die Leiden des Nebenmenscheu gestattet.

3.) Idixv. Die einfachste Erklärung liegt in der WurzelWolke", also Regenmünner" bei allen Völkern, die auf der Empfänglichkeit für Wittcrungs- änderungen bei einzelnen Individuen beruhten. Unerklärlich sind die seit Jahrhunderten beobachteten Miradores, welche Brnunen und Quellen in den verborgensten Tiefen sehen, auch in neuester Zeit. So wurde im Jahre 1880 von einem Josef Groß aus München in den Zeitungen berichtet, der in Tirol das Vorhandensein einer Quelle