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verstanden wird. Die heidnische „llchanee" hingegen ist eine Zerreißung des Nervenkostüms, eine Vivisektion der Seele, die ihrer Hülle beraubt und bloßgelegt wird, eine Störung und Ablenkung der Lebenskraft, die der Aufsaugung des elektrischen Stromes durch Anlegung eines fremden Apparates an den Telegraphendraht zu vergleichen ist. In diese Sphäre verlegt der auch die visionäre Kraft Bileam's, von dem die Schilderung Eliphas' gilt (Hiob 4, 12): „Undjzu mir stiehlt sich ein Wort, und mein Ohr fängt davon Laute auf In Gedanken, in Visionen der Nacht, wenn Lethargie die Menschen befällt. Furcht ergriff mich und Schrecken, und alle meine Gliedmaßen erschauerten. Ein Geist streicht über mein Antlitz, der das Haar meines Körpers sich sträuben läßt." Bei Bileam steigert sich dieser Zustand zur kataleptischen Vision, die, wenn wir die intuitiven Benennungen des mit den entsprechenden Ausdrücken übersetzen, eintritt, sobald die Verbindung, die zwischen dem Nervus VAAus und SMiputküous besteht, ausgeschaltet wird. Die lateinische Benennung ist vag und hat mit Sympathie nichts zu thun; der legt denselben weibliche Namen bei, Rahel und Lea. Die Begriffe nämlich, die in der modernen Physik und Chemie mit positiv und negativ, bei Elektrizität und Magnetismus mit Säuren und Basen bezeichnet werden, benennt der Kabbalist mit „männlich" und „weiblich". Das entspricht auch besser der monistischen, realen, alle Körper nach menschlichem Maßstabe vergleichenden Art, als die abstrakte, rein äußerlich unwesentliche Benennung. Schon im Pflanzenreiche wird die Unterscheidung „positiv" und „negativ" durch die von „männlich" und „weiblich" verdrängt. Auf abstraktem Gebiete werden die stark leuchtenden Sphären als männliche und ihre schwächeren Begleiter als weibliche klassifizirt, obwohl der Unterschied kein spezifischer, sondern, wie z. B. beim Magneten, ein nur durch die Stellung der Pole erzeugter ist. Der Lehrsatz, daß gleichnamige Ströme sich abstoßen, ungleichnamige sich anziehen, gilt für die ganze Natur und noch weit höher. Die Anziehung, welche negative Elektrizität auf positive ausübt, veranlaßt den Blitz in isolirte und hochragende Gegenstände einzuschlagen. Die Erde ist nämlich eine mit negativer Elektrizität geladene Batterie, die an ihrer Oberfläche, z. B. auf alle Bäume eines Waldes gleichmäßig vertheilt, keinen Leitungspunkt bietet. Bei isolirten Spitzen hingegen steigt sie in die Höhe und wird als Elmsfeuer auf Bäumen, sogar auf Menschen beobachtet, zieht daher die positive Elektrizität an. Ganz dasselbe Verhältniß liegt auch der sexuellen Anziehung zu Grunde; daher das Verbot des Anschauens und der Berührung der negativ-elektrischen Batterie, Weib genannt. Gleichnamige Elektrizitäten stoßen sich ab, so daß nur der perverse Trieb des kaum dem Kannibalismus entwachsenen Ariers den Edelsten unter den Griechen, einen Sokrates, zu einem Hymnus auf die Paederastie, das unnatürlichste Verbrechen, begeistern konnte. Die Reinheit der Ethik und Moral hängt eben nicht von Phrasen ab, sondern von der Befolgung der Naturgesetze, mit denen die Thora die engste Fühlung hat. So werden auch die Nervencentren in männliche und weibliche, positive und negative, je nach ihren mit oder ohne Bewußtsein vorgehcnden Funktionen, benannt und symbolisirt. —
Hier liegen also Tod und Leben, Schatten und Licht, Hölle und Paradies hart neben einander; wie der Talmud sagt, nur durch eine Scheidewand von der Dicke eines Golddenars getrennt. Und ebenso sagt die Thora, daß der Weg ins Paradies von den Cherubim und dem Zauber des schwingenden Schwertes bewacht wird. Der Name „Cherubim" bezeichnet hier wiederum ganz das Gegentheil von dem, was er im Heiligthum bedeutet; denn hier sind es (nach Raschi) Würgengel, NulnekiZ Oiwdalnü. So sagt der Sohar: Im Menschen sind das Symbol der Cherubim die zwei Lungenflügel, die sich über die Bundeslade des Herzens ausbreiten. Aber es sind auch ihre Gegensätze und Schatten als lebensfeindliche Elemente da, an denen vorbei der Weg zum Heiligthum führt.