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verschont keine Seele, denkt aber Pläne, daß kein Verstoßener von Ihm verstoßen bleibe." (Der fälschlich Raschi zugeschriebene Kommentar weist in seiner den Sinn entstellenden Gezwungenheit auf einen spanischen Scholastiker hin.)
Anklänge an die Metempsychose hat der große Nachmanides im Hiob und Koheleth nachgewiesen. Das letztere Buch bringt jedoch gleichzeitig die scheinbar schärfste Skepsis in Bezug auf die Unsterblichkeit der Seele zur Geltung, sodaß die Schule Schammai's dasselbe aus dem Kanon eliminiren wollte, in den es vier Jahrhunderte früher ausgenommen worden war. Es ist also leicht begreiflich, daß es das Steckenpferd der modernen Kritikaster geworden, wenn schon die Alten sich keinen Rath damit zu geben wußten. Da es gilt, hier so manchen Stein des Anstoßes aus dem Wege zu räumen, so wollen wir uns an dieser Stelle etwas eingehender damit beschäftigen.
Das Buch Koheleth erschien nach dem Talmud (Baba batra 15) erst zur Zeit des Königs Chiskia. Was hat man darunter zu verstehen? Etwa, daß es sich,in mündlicher Ueberlieferung seit Salomo's Zeiten erhalten Hütte. Keineswegs. Es gehört vielmehr zu den Schriften, von denen es in Spr. 25, 1 heißt: „welche hinübergebracht haben (is7>N!lN) die Leute Chiskia's, des Königs von Juda." Zu Chiskia's Zeiten war das Zehnstümmereich Jarobeam's vernichtet worden. Juda herrschte wieder eine Zeitlang über die entvölkerten Galle Samariens. Da gab es alte Schriften, welche nach Jerusalem gebracht wurden. (Die letzten Sprüche Salomo's, die darunter waren, enthalten aber viele Fremdwörter, wie z. B. JIKum, das Raschi als das arabische „Volk" erklärt, und andere, die die Bedeutung „übersetzen" recht- fertigen könnten.) Unter diesen Schriften befand sich auch das Buch Koheleth, das Jarobeam aus Aegypten mitgebracht zu haben scheint. Mit der aegyptischen Kö nigs- tochter war an Salomo's Hof aegyptische Wissenschaft und Kultur eingezogen. So heißt es: „Und die Weisheit Salomo's überragte die aller Morgenländer und die
ganze aegyptische Wissenschaft." (1. Kön. 5, 10.) Die Anlage des Buches der Sprüche Salomo's, eine Ausnahme unter allen heiligen Büchern, erfolgte ganz nach königlicher Sitte, wie es bei aegyptischen Königen Brauch war, von denen noch ein königliches Spruchbuch in vollständig entsprechendem Satzbau vorhanden ist. Salomo, der um des Glanzes der Königskrone Jsrael's willen sich über das Gesetz hinwegsetzen zu dürfen glaubte und die aegyptische Königstochter heimführte, mußte erleben, daß sein zu Tanis residirender Schwiegervater von dem Nubier Scheschvnk unterjocht und zum Vasallen gemacht wurde. Daraus und aus der Erkenntniß der seinem Throne drohenden Gefahr erklärt sich sein verzweiflungsvoller Ausruf: „Nichtigkeit der Nichtigkeiten!" Das Buch Koheleth scheint einen ähnlichen Ursprung zu haben, wie das Buch seines Spätenkels, des Novell Nelluodim, das, in arabischer Sprache für die oberen Zehntausend der außerjüdischen Kultur geschrieben, erst später in's Hebräische übersetzt wurde. So nimmt auch Salomo eine aegyptische Maske vor. Darauf weist auch die Formel nrH 21V hin, die sich ausnahmsweise bei Plato, sonst bei keinem änderen Griechen, als
»a- wiederfindet. Da es unumstößlich feststeht, daß Plato 13 Jahre
Schüler aegyptischer Priester war, so scheint er sich diese stereotyp aegyptische Formel angeeignet zu haben.
Salomo bekämpft die aegyptische heidnische Weltanschauung, ihren Pantheismus ihren Totenkultus, mit ihren eigenen Waffen. Er spricht von der Seelenwanderung (8, 10): „Und so sah ich bereits begrabene Frepler wiederkommen und aus dem Heiligthume gehen, und sie waren ganz in Vergessenheit gerathen, mit dem, was sie einst angestellt hätten." Ganz nach aegyptischer Anschauung. Damit stimmt dann die Schlußfolgerung: „Wer kann wissen, ob die Seele des Menschen hinauf und