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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Handlungen, welche die Propheten Vornahmen, um ihren Prophezeihungen den Erfolg zn sichern. So sehen wir Jercmia 51,59 dem Gesandten Seraja den Auftrag ertheilen, seine Prophezeihung bei seiner Ankunft in Babel zu lesen und dann die Rolle in den Euphrat zn versenken. Ebenso in Aegypten, wo er selbst mit Lebens­gefahr vor Zeugen die Steine in den Mörtel des Palastthores von Tachpanches versenkt, um den Ort sestzustellen, auf welchem Nebukadnezar seinen Thron auf- schlagen wird. Ebenso Elisa, der dem Könige Joas von Israel, der ihn an seinem Sterbebette besucht und jammert:Mein Vater, mein Vater, Streitwagen Israels und seine Reiterschaar," befiehlt, den Bogen zu spannen, das Fenster nach Osten zu öffnen und zu schießen, während er seine Hand auf die des Königs legt und ihm zürnt, daß er nach dem dritten Male aufgehört und somit den endgiltigen Erfolg abgeschwächt habe. Die Ausführung aller dieser thatsächlichen Handlungen soll nach Nachmanides das unabänderliche Eintreffen in der Außenwelt verbürgen.

Der Run bemängelt diese Ansicht des Nachmanides als unzureichend für die weitaus größere Zahl von Prophezeihungen, bei welchen sie keine Anwendung findet, ohne daß jedoch die Erklärung, die er an ihre Stelle setzt, größere Befriedigung bieten kann. Hier zeigt sich die Ueberlegenheit des antiken Verständnisses in Behandlung dieser tiefen Themata durch die Chaßidimlehrer.

R. Elimelech sagt, daß die Erfüllung des Segens, den der Prophet ertheilt, von dem Verhältniß abhängig ist, in welchem der Empfänger zu dem Geber steht. Da ist vollständige Hingebung und fester Glaube ohne Zweifel die Vorbedingung. Wo diese fehlt oder schwankt, verfehlt auch jene ihr Ziel. Die göttliche Willenskraft des Propheten oder des nach Aufhören der Prophetie seine Stelle vertretenden Zaddik äußert sich in drei Kategorien, von denen die höchste der Gedanke die niederere die Sprache ("NI"!), die niederste die Handlung ist. So

beherrscht der Feldherr die Schlacht in der Ausführung seines Willens durch den Gedanken, dessen Einheit zu einer qualitativ beschränkten Mannigfaltigkeit in der Ertheilung seiner Befehle durch die Sprache, während die niederste Aeußerung seiner Willenssphäre durch persönliches Eingreifen seiner Handlung als niederstes Niveau nur ausnahmsweise in Betracht kommt.

Bei dem gemeinen Manne besteht das umgekehrte Verhältniß. Für ihn besteht ' nur die Handlung. Das Gleichniß, auf den Propheten und dessen Empfänger angewendet, besagt, daß, wo der Letztere sich nicht zu der Höhe der Sprache und des Gedankens aufschwingen kann, der Erstere sich zu ihm durch eine Handlung cherabla ssen muß dureb melckie er fick, mit ihm in inniaen Kontakt iekt. Als der m ganz anderen Gedankenkreisen erzogene König JoasB. Angesichts des sterbenden Propheten, übcrmannt durch eine augenblickliche Impression, sich mit demselben in Kontakt setzt und seinen Segen empfängt, läßt er ihn eine Handlung I vornehmen, an welcher er selbst Theil nimmt. Inzwischen kehrt die Natur des Königs i wieder in ihre Rechte zurück. Sein Enthusiasmus erkaltet unter dem Eindrücke seiner ^Umgebung von Kriegern, und sein Stolz sträubt sich gegen die mehrfache Wieder­holung einer ihm fremdartigen Zeremonie. Damit hört aber der Kontakt zwischen ihm und dem Propheten auf. Aus dieselbe Weise glaubt Mose, bei dem wider­spenstigen Volke zur Handlung hinabsteigen zu müssen, und schlägt den Felsen mit dem Stabe, ein Vergehen gegen den Auftrag, durch die Macht seiner Rede allein zu wirken. Und nach diesem Ereignisse finden wir die Errichtung der kupfernen Schlange, deren Anblick die von Schlangen Befallenen heilt.

Der Maggid bei R. Josef Karo stellt die Frage, wieso Mose dazu kommt, wenn auch aus göttliches Geheiß, diese Schlange aufzustellen

durch Schaffung eines Talismans, der in der That, als er stehen blieb, in späteren