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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Blitzstrahlen. Wir haben uns hier nicht an unsere Vorstellungen sondern an die Thatsachcn zu halten, die uns die Thora als Aeußerungcn des höchsten Willens nuttheilt.

Nun wurde zuerst in 2. B. M. 23, 20 Mose niitgctheilt:Siehe, Ich schicke einen Engel vor Dir her, Dich zu hüten auf den, Wege und Dich zu bringen an den Ort, den Ich bestimmt habe. Hüte Dich vor ihm und höre auf feine Stimme, denn er wird Eure Vergehen nicht verzeihen, da Mein Name in ihm ist. Denn wenn Du auf seine Stimme hörst und thun wirst alles, was Ich befehlen werde, u. s. w." Mose erhob dagegen keinen Einwand. Als cs aber nach dem Sündeufalle des goldenen Kalbes hieß:Ziehe fort von hier und Ich werde einen Engel vor Dir herscndcn --- denn Ich werde nicht in Deiner Mitte gehen,

da Du ein hartnäckiges Volk bist; Ich müßte Dich auf dem Wege vernichten", da

hörte das Volk dieses böse Wort, und sie trauerten. Dann trat Mose mit seinem Gebete vor G. hin und sprach:Wenn Du nicht selbst gehst, so laß uns von hier nicht weiterziehen." Nachmanides wirft daher die Frage auf, mit welchem Rechte Mose nach dem Sündenfalle Anspruch aus eine Begünstigung machte, die er vor demselben nicht zu verlangen gewagt hatte. Der Run findet die Lösung darin, daß bei der ersten Ankündigung keine Rede davon war, daß sich die Vorsehung selbst von ihnen zurückziehcn wolle. Geradeso, wie beim Auszüge aus Aegypten, wobei unsere Weisen erklären: "sx^Q X^I ')XIch und kein Engel", dennoch ausdrücklich vor den die Bestrafung der Aegypter vollführenden Engeln gewarnt wird x^1 so war auch das Auftreten des die Kanaaniter bekämpfenden Engels

ebenso aufzufassen, wie die Verkündigung, daß zur Vertilgung der Riesenvölker die

Horniß vorausgehcn werde. Der Run findet die Schwierigkeit vielmehr in der Begründung von XL" X^ ^2, als ob das Volk beinahe zur Anbetung

desselben als eines Vermittlers zwischen ihm und Gott verhalten werden sollte, während wir weder ein Gebot noch ein Verbot von einem Anderen als dem Höchsten allein annehmen dürfen, auch die Verzeihung immer nur dem Höchsten zustcht. Andererseits wird später die Führung durch den Engel als ein Schutz und eine Erleichterung gegen die unabwendbare Vernichtung unter eigener göttlicher Führung bei Vergehen gegen dieselbe hingestellt. Es fällt schwer, die Feinheit und Gedanken- reife wiederzugeben, mit welcher der Run alle diese Schwierigkeiten löst. Wir über­lassen es daher dem Leser, das Werk selbst an Ort und Stelle nachzulesen, und begnügen uns mit den Andeutungen über dieses Hauptthema der religiösen Forschung.

Hier ist die Stelle, an welcher nach dem Talmud Achcr in den Abgrund stürzte. R. Nissim ben Jakob, der Daniel unter den Weisen des Mittelalters, weist darauf hin, daß hier der schmale Steg über die Abgründe des Heidenthums und seiner religiösen Sekten führt mit ihrem Demiurgos-Dualismus und sonstigen Kombinationen, die er in ihrem Ursprünge keineswegs für bloße Auswüchse einer krankhaften, geist­und gedankenlosen Phantasie und hohlen Betruges gehalten haben will, sondern einer Begriffsverwirrung von Subjekt-Objekt fi2^!2t P°>2L>2, welche den Wechsel der Erscheinungen dem freien Eingreifen vermittelnder Engel oder Himmelskörper und dem Menschen die Fähigkeit der Beeinflussung derselben zuschrieb. Der Ran schließt auf Seite 27 mit folgenden Worten:Dieser Jdeengang löst zahlreiche Zweifel und erklärt verborgene Themata. Denn zweifellos waren die Anhänger der heidnischen Kulte nicht bloße Dummköpfe. Sie hatten vielmehr empirische Beweise, daß manche Praktiken irgend einen Nutzen brächten, sonst würden nicht Groß und Klein durch Generationen sich von ihnen haben irreführen lassen. Der Jrrthum lag nur in den falschen Voraussetzungen und Vorstellungen, (da sie mannigfachen suprenaturalisti-