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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
Entstehung
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wie imposante Erscheinung der geistigen Überlegenheit als Relief dienen soll. Natürlich giebt es Ausnahmen von der Regel. So war Bileam nichts weniger als demüthig und bescheiden oder moralisch und physisch makellos. Aber er war Prophet, um dem Einwande gerecht zu werden, den die Völker Israel gegenüber hätten erheben können, daß sie dessen Stelle einzunehmen geeignet gewesen wären, wenn sie Propheten gehabt hätten. Ebenso wurden sämmtliche Israeliten auf kurze Zeit der Prophetie theilhaftig am Sinai, obwohl die Wenigsten unter der Masse der Anforderungen der Regel Genüge leisten konnten, weil bei der ersten, für alle Zeiten grundlegenden Offenbarung eine allgemeine Gleichstellung selbst mit Mose für einen Augenblick beabsichtigt war, um die Festigkeit der Ueberzeugung unabhängig von jeder Vermittelung, für alle Zeiten bei jedem einzelnen Individuum Israels zu begründen und dasselbe allen Bethörungsversuchen fremder Religionen und Philosophien unzugänglich zu machen, und dies auch insofern, als selbst das Gesetz, die Halacha, von dem Himmel unabhängig gemacht wurde, und die Weisen mit dem Ausspruche 8'N ttp sich nicht einmal durch höhere Eingriffe bei ihren Entscheidungen

beeinflussen ließen, wobei der Run das hierfür in Betracht kommende Feld des Talmud in seiner ganzen Ausdehnung durchfurcht.

Er tritt hier mit Schärfe dem Ausspruch des Norali entgegen, der dem­selben die größten Feindseligkeiten eingetragen hat, wenn er sagte, daß am Sinai bei den ersten zwei Sprüchen nur die göttliche Stimme, die Worte jedoch nur aus Mose's Munde vernommen wurden. Die entgegenstehende Sentenz des Talmud NN'OHN ''DQ erklärt Maimonides privativ als selbst­

verständliche Postulate des Verstandes nicht erst der Offenbarung bedürftig. Dieser Nachsatz mit seiner aristotelisch-scholastischen Färbung bildet in der That eine der gefährlichsten und anstößigsten Sentenzen des Norsll, welche nur aus der Tendenz desselben erklärt werden kann, alle feindlichen Rivalen Israels, sowohl Edom als Jsmael und das ägyptische Mischvolk, aus seinem Lager hinauszubefördern. Was hingegen den Vordersatz anbelangt, so hat der Chaßidismus in einem seiner berühmtesten Lehrer R. Mendel Rymanowcr sich auf Maimonides' Seite gestellt. Jener sagt im Uenuestöin Aon: Am Sinai haben wir wohl nur das 8 vom

aus höchstem Munde ohne Mose's Vermittelung gehört.

Nun sagt Mose 6, 4,34:Hat je noch ein Volk die Stimme Gottes aus dem Feuer sprechen gehört, wie Du sie gehört hast, und ist leben geblieben?" Also eine Widerlegung des Maimonides. Da es aber heißt: ksO' xpl s,llä ^ Eine gewaltige und unendliche Stimme", so vereinigt der erste Laut des Wortes in seiner Unendlichkeit Stimme und Sprache, und es trat darnach das

NX2'Meine Seele ging aus, als Er zu sprechen begann" ein, von welchem Mose sagt, daß das Volk verlangte:Sprich Du zu uns, daß wir es hören, aber laß Gott nicht zu uns reden, sonst sterben wir." Somit ist des Mai­monides erster Satz gerechtfertigt.

O 6 r 3 . 8 oli 9 .li 6 (S. 22). Vom 23<1cki1r.

Der Talmud legt den Satz Kohelet 12, 13 auf den Einzelnen aus, der als Zaddik die Vollkommenheit erreicht hat, nach drei Interpreten, von denen der eine sagt: Die ganze Menschheit ist nur um des Einen willen erschaffen, der Andere: Die ganze Menschheit soll dem Einen Gefolgschaft leisten,- der Dritte: Dieser

Eine wiegt die ganze übrige Menschheit auf.