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man nur durch Handlungen oder Unterlassungen solcher, nicht aber durch Gedanken sündigen kann. „So kommt es," fährt kun fort, „daß zwei ein und dieselbe Handlung begehen können und eine unendliche Verschiedenheit des Werthes zwischen beiden besteht, weil sie der Eine mit voller Andacht, der Andere gedankenlos begeht, sodaß sie ihm wohl nicht nützt, aber auch nicht schadet."
Unter allen religiösen Handlungen steht die obenan, durch welche
Abraham seinen Sohn auf den ihm Prüfungsweise ausgesprochenen göttlichen Wunsch zum Opfer zu bringen bereit war, obwohl er sich auf die diesem Verlangen widersprechenden Verheißungen hätte berufen können, ohne für seine Weigerung eine Strafe befürchten zu müssen. Diese Prüfung hat gezeigt: 1) Wie weit die Liebe seiner Diener zu Gott reicht, 2) daß die Offenbarung im Geiste des Propheten nicht den mindesten Zweifel an ihrer Richtigkeit aufkommen läßt, 3) daß bei Abraham der Glaube an die Unsterblichkeit und an das Jenseits feststand. Denn daß er für die Befolgung des göttlichen Willens Lohn zu gewärtigen habe und diesen als Folge der religiösen Handlungen nicht mißachten dürfe, war ihm bereits in der Offenbarung gesagt: „Fürchte nicht, Abram, Ich bin Dein Schild, Dein Lohn ist sehr groß." Es ist demnach einleuchtend, daß, wenn es sich bloß um irdischen Lohn gehandelt hätte, Abraham sich nicht entschlossen haben würde, um materiellen Genusses willen, seinen Sohn zu opfern.
(OtzrusoUull) 7. Merkwürdige Erklärung des Verses Spr. 14, 34: „Wohl- thätigkeit erhebt das Volk (Israel), Mildthätigkeit der Völker wird als Sündopfer
angenommen" (Seite 60).
Die Seele lebt nach dem Tode in einem Uebergangsstadium, bevor sic in immer höhere Sphären eintritt mit den Vorstellungen geistiger Beschäftigung, die denjenigen ähnlich sind, denen sie während ihres Aufenthaltes auf Erden nachgegangen. (S. 47.) —
OeiAseiinIi 8. Nochmals über Prophetie und Wunder.
Als Mirjam und Ahron über Mose reden, wird dieser hcrbeigerufen, um bei der Offenbarung an dieselben zugegen zu fein, ebenso wie bei der Ertheilung des Prophetengeistes an die 70 Aeltesten, weil die Prophetie an höhere Gesetze gebunden ist. Weder Mirjam und Ahron, noch die 70 Aeltesten waren für sich allein zu jener Zeit für die Prophetie genügend vorbereitet, so daß die Anwesenheit Mose's als vermittelnder Leiter zur Uebertragung derselben dienen mußte. Dasselbe Gesetz Wird bei den Wundern eingehalten, die. imme r einen Anknüpfungspunkt an die Natur suchen, wie die Heilung der Bitterquelle Marah durch einen bestimmten Sträücch der chadlichcn Quellen Jericho's durch Salz, des Oelsegens Elisa's durch Anknüpfung an das einzig übrig gebliebene Krüglein und das Versiegen desselben mit dem Aushören der Gefäße. Der geistige Segen unterliegt denselben Gesetzen, so daß, wenn zwei Propheten verschiedenen Ranges gleichzeitig der Prophetie theil- hastig werden, der niedere durch seine Verbindung mit dem höheren ein weit größeres Maß von höherer Kraft empfängt, als ihm ohne diese zukäme. So sehen wir auch Saul durch die Annäherung an den Kreis, den die Prophctenschüler um Samuel schließen, von dem geistigen Strome ergriffen werden, ohne daß er dafür vorbereitet war. Ebenso geht es bei dem Verhältniß zwischen Lehrer und Schüler, bei welchem auf den letzteren viel mehr von dem Geiste des Lehrers übergeht, als ihm seinen natürlichen Anlagen nach zukäme.
Daher erklärt sich auch gesetzmäßig die stufenweise Abnahme der überlieferten Weisheit von Geschlecht zu Geschlecht, von welcher der Talmud spricht. (R. Elimelech