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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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wirklichem Verständniß eingcdrungen sind. (S. Vorrede des Olisini). In der That finden die lapidaren Thesen des Xsnsll erst ihre Erklärung in den unendlich tiefen Sentenzen des ^.ri.

Illisii und Ksiisii sind aus ein und demselben Geiste und von ein und derselben Feder. Das bezeugt kein Geringerer als R. Samson Ostropoljer (1648. Illkutim, lllisll des R. Gdor Kroo). Ebenso der berühmte R. Meuachcm Asarja di Fano. Der Verfasser verbirgt seine Anonymität unter dem Pseudonym eines Tanaiten in Form eines Dialoges, weil sein Werk hoch über das Niveau seines Zeitalters in die Antike hinaufreicht. Gleichzeitig sammelt er darin die markantesten Stellen der Vorgänger früherer Jahrhunderte. Die Eintheilung in UsiÜWaii und LlirjuQ, Niederreißung und Aufbau, in Frage- und Antwortform, entlehnt er dem gleichfalls anonymen Nssreoiikb, das dem R. Perez, dem Lehrer des Ran, etwa um ein Jahrhundert früher, zugeschrieben wird, dessen Lapidarstil ganz gut einem Tanaiten zugeschrieben werden könnte.

Die 50 IZnorsdiimis, die Grenzen der menschlichen Erkcnntniß, entlehnt er dem wunderbaren Weisen R. Josef bar Kalonymos (um 1240) aus dessen ebenfalls anonymem Kommentar zum Lslsr -ia/irsii (irrthümlich mit dem des lisdad ver­wechselt). Im Illis.ii hat er das verloren geglaubte Werk kilbui iisästot, religiöse Verirrungen, des R. Abraham Abulafia (1300) erhalten, das wegen seiner Gefähr­lichkeit von der römischen Kurie verbrannt, auf den Index gesetzt und für verloren gehalten wurde. Da der Verfasser desselben ein Sephardi war und die sephardischcn Vokalbenennungen gebraucht, wurden die Fachleute dazu geführt, in dem Verfasser des illisii einen spanischen Juden zu suchen.

In allen diesen Werken des R. Avigdor Kroo sind die Stimmungen, die Ideen und die Zustände des Zeitalters mit Spiegeltrcue wiedergegeben. Das Volk Abrahams war ein kostbares Jagdwild geworden, dem man Schonzeit gewähren mußte, damit die grausamen, blutdürstigen Nimrode nicht um ihr Vergnügen kämen. In solchen Zeiten, wo man jeden Augenblick darauf vorbereitet sein mußte, gefoltert, lebendig verbrannt oder irgend einer anderen Todesart oder erfinderischen Liebe, um seiner Ueberzcugung willen, ausgesetzt zu werden, wurde dieses theucrste Gut mit solcher Strenge gehütet, daß selbst die religionswissenschaftliche Forschung, die talmudische Diskussion mit ihrer auf und ab schwankenden Richtwaage des

Verstandes als eine Störung empfunden wurde.

In so sturmbewegter Zeit wollte man festen Boden unter den Füßen haben und liebte nur Zslslis bsruvali, bündige, zweifellose Entscheidung ohne Diskussion, um sich nicht auf dasMeer" hinauswagen zu müssen, auf jenes Meer des vielseitigen Talmud, das -Isni iistsliiiuck.

In Würdigung dieser Lage hatte bereits sieben Jahrhunderte früher der Gaon R. Achai seine LelisMotk verfaßt und die Halacha ohne Diskussion und Deduktion hart an den Wortlaut der Thora angeschlossen nach dem Zeugnisse der größten Gelehrten das einzige halachische Werk, in dem man noch nie einen Fehler entdeckt hat! Aus demselben Wege hatte R. Isaak Alfasi, um den Anforde­rungen einer späteren Epoche zu genügen, sein großartiges Werk verfaßt, in das nur die definitiven Entscheidungen des' Talmud in ihrem Wortlaute mit den Namen der Dezisoren ausgenommen waren, und auch nur solche, die in der Diaspora Anwendung finden konnten. Als Dritter folgte Maimonides mit dem groß angelegten Plane eines systematisch abgeschlossenen Prachtbaues, in welchem, unabhängig von der geschichtlichen Vertretung der Entscheidungen durch benannte Lehrer, ein vollständiges Gesetzbuch in 14 Codices alle Gesetze für alle Zeiten, die Wiederherstellung des Hciligthums in Jerusalem mitinbegriffen, umfassen sollte, ohne daß, wie er in der