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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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3) Es ist ihnen verboten christliche Ammen zu halten unter Strafe von 426 Gulden 13 gr. (142 Mk.). 4) Auf Güter, die ihnen in Zahlung gegeben werden, dürfen sie keine höheren, als die üblichen Abgaben, auflegen. 5) Die Juden dürfen keine Ketten zum Schmuck tragen, auch keine silberbefchlagenen Gürtel, kein Schwert, keinen Waffengurt, dagegen aber Siegelringe an den Fingern, und ihre Frauen dürfen jeglichen Schmuck tragen. Zur Zeit des R. Avigdor (1380) war, namentlich unter der Herrschaft des judenfreundlichen Königs Wenzel, das Waffentragen, wie wir sehen, gestattet.

In Polen beginnt mit der Aufrichtung der äußeren Schranken gegen die Assimilation der innere Aufschwung des rabbinischen Judenthums in ungeahntem Maßstabe. Das Zeitalter des R. Scholem Schechna, seines Sohnes R. Israel und feines Schwiegersohnes R. Mose Jsserles gleicht dem des Königs Chiskia, von dem es im Talmud heißt, daß man im ganzen Lande keinen Ungelehrten finden konnte. Das Ideal R. Avigdor's verwirklicht sich. Der Amhaarez verschwindet, und R. Mose . Jsserles kann cm R. Josef Karo nach Palästina berichten, daß die Hauptstadt Krakau voll Thora ist, wie es einst in Jerusalem in dessen Blüthezeit war. (Begleitschreiben des R. Josef Karo zum /IMlluir, aufbewahrt in der Remo-Schul.) Dieser Auf­schwung dauert ein volles Jahrhundert. Während desselben erläßt die große Synode in Lublin (1697) ihr Edikt gegen die Mißwirthschaft des Stellenkaufes durch die Rabbinen niederen Ranges, als Zeugniß für die Berechtigung der seiner Zeit durch R. Avigdor Kroo erhobenen Klagen. Eine einheitliche Gesetzgebung beschließt zum ersten Male seit dem Aufhören des Synhedrions in Jerusalem die Halacha im Schulchan Aruch und umgiebt das Judenthum mit unbezwinglichen Befestigungen.

Das Postulat des R. Avigdor, das Talmudstudium durch inspirirte Prophetenwissenfchaft neu zu beleben, wie es die Schule des letzten Toßafisten Rabbenu Jechiel von Paris gethan, welcher ein Kreis berühmter Lehrer, wie R. Eleasar Rokeach, R. Esra Haiiabi (Tost. Schebuoth 25), R. Esriel, R. Mose von Couch, R. Samuel Hanabi, Vater des R. Juda Hachassid, und dieser selbst, ferner Nachmanides, R. Jizchak Or Sorna, Rabbenu Perez, angehörten, gleichzeitig mit der berühmten Narbonenser Schule, welcher R. Abraham bar Isaak aus Granada, Verfasser des L8od1eo1 u. IKitü Nsiniednli, und dessen Schwiegersohn Rabed von Nimes und dessen Sohn R. Isaak Saginahor angehörten, die offen als inspirirte Kabbalisten die Halacha lehrten.

Das Feier Odnsslüiiw ist voll von ähnlichen Recriminationen, wie das Buch Xg.ng.Ii, gegen die des tieferen Verständnisses entbehrenden, aber das große Wort führenden Rabbinen und Poetanim seiner Zeit. In der darauf folgenden Ge­neration wird dieser Standpunkt wieder unter der Schneedecke der trockenen Juris­diktion verhüllt. Der Schüler des R. Isaak Or. Sorna von Wien, der berühmte R. Meir von Rothenburg, Lehrer des Rosch, entzieht das dunkle Feuer der Mystik dem profanen Blicke. Aber in seiner Einsamkeit als Gefangener des Kaisers Rudolph von Habsburg im Thurme Jnsigsheim, in welcher er, wie der Magid dem R. Josef Karo mittheilt, ganz besonders geläutert wurde, fällt er halachische Entscheidungen gegen seine und seiner Lehrer frühere Ansicht und gegen den in ganz Frankreich üblichen Brauch in Folge der Mittheilungen eines Magid, den er mit dem talmudischen Namen Lggl UgotigloniTräumer" nennt. (S. Resp. zu llilciiot Lctweiioniiv, Maimon IV.) Dieser Richtung entgegengesetzt steht der gewaltige Maimonides da, dessen Unbekanntschaft mit der Kabbala keinem Zweifel unterliegt. Der das Gegen- theil behauptende Brief von ihm, der das erste Mal im LolluMdan Loäotii auftaucht, ist unbedingt ein Falsifikat, dessen plumpe Fälschung im Stil zu Tage tritt. Das bezeugt auch der Nestor der Kabbala, R. Isaak Lorja, indirekt durch