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schwächeres Stabilitätsprinzip geschaffen. Das elftere war die ägyptische
Weltanschauung, das letztere die '12 OQ2N der Inder, welche die I1Q2N
Weisheit Salomos weit überragte. Der intuktive Jnspirationsapparat beginnt erst mit R. Josef Karo, dem Verfasser des Schulchan Aruch, gehörig zu funktioniren. Der Magid in ?. Velare tritt znm ersten Male mit der Entwickelungstheorie in die Ideenwelt, welcher erst R. Mose Chaim Luzzato festen Boden und streng wissenschaftliche Klarheit verschafft, 160 Jahre bevor die exakte Forschung vor ihr in den Staub sinkt. Der Magid stellt das ganze Lehrgebäude des Gesetzes auf die Schöpfungslehrc und die Entwickelung derselben aus der Unvollkommenheit zur Vollkommenheit, die sich beide aus der Vorschöpfung in zwei Systeme sondern, in welchen das letztere sich zur Beherrschung und Nutzbarmachung des ersteren emporringt, dessen atavistische Anlagen abzustoßen, Zweck aller Verbote sei, wie die Hebung aus den niederen Rangstufen, vom Mineralreich zur Pflanze, von dieser zum Thiere, vom letzteren zum Menschen, die Tendenz aller Gebote. Wille und Weisheit treten hier, der ersten als negative Selbstbeschränkung in Gewährung der freien Entwickelung, letztere als Gegensatz derselben als Herrschaft eines bestimmten Zieles, dessen Krone das Prototyp des Menschen ist, als Ebenbild des positiven Schöpferwillens. Das Religionsgesetz ist daher nicht mehr, wie im Novell, bloß durch den göttlichen Willen sanktionirtes, der historischen Entwickelung Israels auf dem Boden der heidnischen Welt durch die Offenbarung am Sinai und in der Wüste angepaßtes Gesetz, sondern, wie die Entwickelung des Menschengeschlechtes, selbst unlösbar mit allen Fäden des Schöpfungssystems verknüpft, welche durch die Offenbarung am Sinai erst ihre Vollendung und ihren Abschluß erlangt. So tritt der Verfasser des Schulchan Aruch mit ganz anderen Waffen ausgerüstet auf den Kampfplatz, als Maimonides, ein Umstand, welcher der antiken Größe dieses Geistesheroen nicht den mindesten Abbruch thut, ebenso wenig wie die weltumwälzenden Errungenschaften der modernen Technik, die durch unscheinbare Fügungen der Weltleitung meistens nicht einmal durch Männer der Wissenschaft ans Tageslicht traten, geeignet sind, den Geisteswetth antiker Weltweisen zu beeinträchtigen.
Wie Mosche im Kreiie der von seinem Geiste ergriffenen 70 Alten, wie Samuel im Kreise der Prophetenschüler, wie Kenania der Levitcnfürst, der im Tempel den Levitenchor leitet, so steht im Mittelpunkt der Kabbalisten der ^ri, R. Isaak Lorja, Jedem seine Sphäre anweisend, R. Josef Karo die Mischnah, R. Avigdor Kroo den Talmud. Mit bewundernswerther, unübertroffener Schärfe legt er die innersten Tiefen der Naturgesetze bei den Speisegesetzen in ihrer Harmonie mit der Thora dar (S. 259). Auch der Genuß der reinen Thiere ist nicht ohne Weiteres erlaubt worden. So heißt es beim ersten Menschengeschlecht, daß nur der Genuß der Pflanzen erlaubt war, namentlich nach dem Sündenfalle, von dem es heißt, der Mensch, der seine Würde nicht über Nacht beibehielt, wurde dem Vieh gleichgestellt. Weshalb sollte er ihm Gleiches tödten dürfen? Wenn das auf den ersten, von Schöpferhand geformten Menschen Anwendung findet, um wie viel mehr auf denjenigen, dem wirkliche Menschenwürde abhanden gekommen ist. Erst bei Noah finden wir die Erlaubniß, Fleisch zu essen, als einem Menschen von höherer Würde. Hingegen sagen unsere Weisen: Ein Ungebildeter darf kein Fleisch essen, sondern nur derjenige von dem es heißt: Furcht und Schrecken vor Euch soll sein auf allen Thieren des Feldes- deshalb ist der Genuß derselben den Weisen der Mischnah und des Talmud gestattet, die Gottes Ebenbild und Seine Herrschaft bewahrt haben und deren Wort gehört wird, wenn es gilt, böse Beschlüsse des himmlischen Gerichtes aufzuhcbcn. Ebenso wurde dem Geschlcchte der Wüste nach dem Sündcnfall des goldenen Kalbes der einfache Fleischgcnuß verboten. So heißt es 3. B. M. 17, 3: „Jeder vom Hause Israel,'der Rind, Schaf oder Ziege im Lager oder außerhalb des Lagers