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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Menschen dargestellt, als Harmonie zwischen Gedankenalphabet und Schrist. Olnin und Makro- und Mikro-Kosmos, Universum und Mensch, entwickeln sich

in Lollunull, Zeit, als geschichtliche Entwickelung. In der ersten Epoche des Juden­thums von Mosche bis Jeremias, der Zeit des Wachsthums von der Geburt bis zur vollständigen Entwickelung des Organismus als Volksstaat unter den Völkern, geht die physische Entwickelung der geistigen parallel, ohne Anschluß an dieselbe zu finden. Erst das babylonische Exil entreißt das Judenthum seiner angestammten Scholle, in die es zurückversetzt wird, nachdem es seine Wurzeln über den ganzen Orient ausgebreitet hat, so daß Maleachi von Gort sagen kann:Fürwahr von Sonnenauf- bis -Untergang ist Mein Name groß unter den Völkern". Die Radien sind gezogen von dem Zentrum des Monotheismus an die Peripherie des Poly­theismus der Lokalgötter, der zentrifugalen Völkergenien.

Der Gegensatz zwischen der idealen Schöpfung und der, in dem ihr zur Entwickelung gelassenen freien Spielräume Anschluß an den Schöpserwillen suchenden, materialistischen Körperwelt ist bald am Eingänge der heiligen Schrift geschildert.

Im ersten Vers der Genesis tritt uns die Schöpfung als vollendetes Werk entgegen. Aber, wie schon Raschi nachweist, beginnt der Anfang erst nach diesem Abschlüsse mit den Anfängen der Entwickelung der Körperwelt aus dem Tohu, und dem Auge des Forschers erschließt sich iu der zum ersten Male von R. Mose Chaim Luzzato (1730) definirten Kosmogonie die Tiefe der ungeahnten Versuchsstationen, in denen die Schöpfung den Anschluß an die ihr vorgeschriebcne Vollkommenheit mittelst der ihr eingehauchten Seelenkraft sucht, die als göttlicher Geist über den Wässern schwebt. Die Behauptung des I(s(1u86liU8 1n:vi, daß in der geschichtlichen Entwickelung noch während des ersten Tempels eine Kluft die niedere Welt von der idealen trennt, durchzieht die ganze heilige Schrist.

Der Patriarch Isaak, von dem der Midrasch sagt, "N

er bewohnte bei Lebzeiten zwei Welten, das Diesseits und Jenseits, ist im ersteren so wenig heimisch, daß er Esau, dem Mann des Materialismus seine Ideale zu übertragen zu können vermeint, so daß Jakob ohne den rettenden Blick der Mutter verloren gewesen wäre. Als Jakob, von göttlichen Verheißungen begleitet, den Heimweg aus Aram antritt, geht ihm Esau mit bewaffneter Macht entgegen, und ihm eilt sein Genius voraus, welchen Jakob nächtlicher Weile in schwerem Kampfe niederringt.

Nach der wunderbaren Errettung beim Auszuge aus Aegypten, betritt Israel nach dem Durchgänge durch das rothe Meer den Boden der Wüste. Nach dem ersten beschwerlichen Marsche in der Felseneinöde ist die Begeisterung des Siegesgesanges dahin, und den Geist des Volkes beschleicht die Frage:Ist der Ewige in unserer Mitte oder nicht?" Es ist der Genius Amalek's, der wie bei Esau, diesem zum Kampfe vorangeeilt ist. sagt der Kabbalist,

Amalek ist der Dämon der Skepsis. Und bei dem darauffolgenden Kampfe finden wir ausdrücklich die Teilung des Kampfes unten und oben zwischen Josua und Mosche, wie Jesaia sagt:An diesem Tage werde Ich die Schaaren des Himmels oben und die der Erde unten strafen". Josua kämpft mit dem Schwerte, während Mosche auf der Anhöhe steht, und wenn er seine Hand erhebt, siegt Israel, läßt er sie sinken, so siegt Amalek.

Mit dieser Episode war eigentlich, wie R. Mose Chaim Luzzato bemerkt,

das Schicksal der Auszugsgeneration besiegelt. (Uebrigens sagt es der

Psalm 95, 811 deutlich genug.) Schon damals war der Keim gelegt, daß Josua an Mosche's Stelle das gelobte Land betrete. Nach der Offenbarung am

Sinai, während dieser das Volk unten im Lager zurückläßt und vierzig Tage im