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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Körperwelt. Wie Esau bei Isaak, gelingt es ihm, den hochbetagten Propheten zu täuschen und, wie Talmud Sanhedrin tradirt, seine Unterschrift unter eine Proklamation zu erhalten, die er nachträglich als Aufforderung zum Abfall fälscht.

Ein ferneres Beispiel liefert uns die Geschichte des Propheten Elia (1. Kön. Kap. 18). Trotz aller Vorbereitungen des Propheten, war bis die Wolke zur Erde kam und dem Auge des schlichten Dieners sichtbar wurde, eine kaum angedeutete Anstrengung des Propheten nöthig, um die Verbindung zwischen der Erde und der Prophetenregion herzustellen.

Ebenso seltsam tritt diese Erscheinung im nächsten Kapitel auf. Die unver­besserliche Jsebel läßt dem Propheten sagen: So sollen die Götter thun und so werden sie es thun, daß ich morgen um diese Zeit Dein Leben nehmen werde, wie Du es den Götzenpropheten genommen. Und er sah, und erhob sich und ging sein Leben zu retten, und kam nach Berseba in Judäa und ließ seinen Diener dort zurück. Was er sah, verschweigt die Schrift. Es muß wohl in der durch das Wunder hervorgerufenen begeisterten Stimmung zur Rückkehr zum angestammten Glauben, trotz der Ausrottung der schändlichen Baalspropheten, welche den Bestand der Religion für alle Zukunft in Frage gestellt hatten, ein Umschwung, einer jener räthselhaften Rückfälle eingetreten sein, geeignet, die seelische Macht des Propheten zu erschüttern. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, daß Elia in seinem Gebete am Karmel als Vertheidiger des Volkes auftritt mit dem leisen Vorwurf:Erhöre mich, lasse sie wissen, daß Du, Ewiger, der Allmächtige bist, und Du hast ihnen die Freiheit gelassen, ihr Herz von Dir abzukehren". Er macht somit die Vorsehung in erster Reihe dafür verantwortlich. Hingegen tritt er am Horeb nach seiner Flucht als Ankläger auf. Der Talmud sagt: Die Wiederholung der Bitte rLirßni schließt die Bitte ein, daß sie nach Eintreten des Wunders dasselbe nicht auf spiritistische Einflüsse zurück­führen. Das Wunder als Eingriff der höheren Weltordnung in die niedere, hat, wie eben XöUusoiws Iwvl ausführt und wie bereits R. Josef Chinquitilla, öuul Unni88iiw, Schüler des R. Abraham Abulafia im Kommentar zum Hohenlieds bei Alkabez sagt, den Mangel, daß es nur einen augenblicklichen gewaltigen Eindruck hervorbringt, der bei der Rückkehr der materialistischen Alltäglichkeit verschwindet, ohne die natürliche Disposition geändert zu haben.

Der Lehrsatz, daß die niedere Welt zu Zeiten des ersten Tempels in ihrer Entwickelung noch nicht den Grad der angestrebten Harmonie mit der Geisterwelt erreicht habe, läßt sich aus noch vielen anderen heiligen Schriftquellen belegen. Was hier für die geschichtliche Entwickelung gilt, bespricht R. Chaim ben Atar im Or iüwiw.jira zu U. für das Verhältnis; der äußeren Natur zu ihren idealen Prototypen.

Er stellt die Frage, wieso es kommt, daß von den Symbolen des Thronwagens Stier, Löwe, Adler, Mensch einzig und' allein der Stier der Rangordnung der reinen Thiere angehört und doch Adler und Löwe zu heiligen Symbolen verwendet werden. Or Uucünjim antwortet: In den hohen Regionen giebt es nichts

Unreines. Die Unterschiede entstehen erst in der Niederung durch die Materialisirung der Begriffe. (Diese Materialisirung haben wir uns nach Eüuduci so zu denken, wie die Materialisirung des Gedankens durch die Schrift.Und es werden die Himmel ausgerollt wie ein Buch", sagt Jesaia 34, 4. Die Schöpfung ist ein Buch, sagt Leker 4« Lira, ein geschriebenes die Natur, als Materialisation des Schöpfer- Wortes aus dem Schöpfergedanken des Schöpserwillens. Schrift, Wort, Gedanke, Wille sind jedoch nur Tätigkeiten. Den Stoff bildet, wie XeUrweivus Uavi aus­führt, das das Unbegreifliche aus dem absolut Unfaßbaren, LUs UuiwwelUut, des Schöpferwillens. Anm.) Die Materialisirung der Begriffe haben wir als Strom zu denken, der von dem Begriffe oder, wie der Prophet es symbolisch nennt, 6tzggn> das Lebende, Bewegliche, auf die Stoffwelt wirkt, wie die Seele ihren Körper baut.