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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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in seiner Chronologie der Gaonim (S. 39) berichtet:Und nach ihm herrschte Mar R. Neturai Cohen, Sohn des Mar Achnai, der aus Bagdad war, von der äußeren Vorstadt, und in seiner Zeit ging R. Acha von Schabcha nach Palästina; denn R. Neturai war sein Diener, und als der Exilarch demselben die höchste Rangstelle einränmte, zog er sort." Ein merkwürdiger Parallelismus, denn auch sein Diener R. Hirsch Cohen nahm, obwohl ungelehrt, seine Stelle ein, um von allen Zaddikim als Oberhaupt der Generation, als Auällc llossoä Oinrn, anerkannt zu werden.

Dieser höchst merkwürdige Mann wurde 1778 als Sohn armer Eltern in dem westgalizischen Städtchen Dombrowa geboren. Im Alter von 10 Jahren verlor er seine Eltern, und ein armer Onkel nahm ihn nach Tarnow und gab ihn zu einem Schneider in die Lehre. Der Knabe zeichnete sich durch besondere Frömmigkeit vor seinen Collegen aus, und als er 15 Jahre alt war und den unter dem Namender große R. Moses Przeworsker" (zur Unterscheidung von seinem Collegen R. Moses Soser aus Przeworsk) bekannten Chaßidimrabbi in Tarnow erblickte, machte derselbe einen derart nachhaltigen Eindruck auf den Knaben, daß er das Handwerk zu verlassen und sich der Religion zu widmen beschloß.

Dieser R. Moses Przeworsker war ein Schüler des R. Dvwber und College des R. Elimelech, der in Lesajsk, etwa 4 Meilen von ihm entfernt, wohnte. Er war der eigentliche Lehrer des Sehers von Lublin und lebte fast als Einsiedler seinen Kasteiungen, indem er im Walde Sommers seinen Körper den Brennnesseln oder Ameisen anssetzte, Winters dem OiiKui LcllelkA, dem Schneebade. Bei einem solchen wäre er in einer sehr stürmischen Frostnacht fast erfroren, wenn ihm nicht R. Simon Jaroslawer ausgesucht und als Herkulischer Mann nach Hause getragen hätte. Als R. Moses nach Krakau kam, beehrte mau ihn mit einem Vortrage in der alten Synagoge, der ans die Hörer solchen Eindruck machte, daß ihm der Cultusvorstand einen weißen seidenen Kaftan machen ließ. Als er aber am nächsten Sabbat bei der dritten Mahlzeit den Ausspruch that: Es giebt eine Kategorie Engel, die Freidenker (LpiIeor8jni) sind, so ließ man ihn ob dieser Ketzerei am Sonntag zum Ghettothor per Schub hinausbefördern. (Uebrigens steht dasselbe im Rrit Uenuellu des Schwiegervaters des Rubsck.)

Mein alter R. Simon hörte aus dem Munde des R. Klouymos Epstein (Nuor V8.86st6M68est), daß er im Jahre 1798 im Winter in Neustadt n. d. Weichsel den R. Moses den Segensspruch über den Neumond sprechen hörte. Nach Beendigung desselben sagte er: Ich sah, daß heute eine Dynastie aufgehört hat, zu existiren. Monate später erfuhr man, daß um dieselbe Zeit (12. Februar) der letzte polnische König Stanislaus Leszczynski in Petersburg verstorben war.

R. Moses war also der rechte Mann, um die Seele des Knaben in Flammen zu setzen. Dieser nahm seine Ersparnisse es waren drei polnische Gulden (1 Mk. 25 Pf.) und harrte auf der Landstraße, welche Tarnow durch­schneidet, der ersten Landsuhre nach Osten. Ein Bauernwagen nahm ihn aus, und als es Mitternacht war, weckte ihn der Bauer aus dem Schlafe, mit den Worten: Steig ab, hier ist Dein Ort! Es war das Städtchen Frysztak, wo R. Mendel Rymanower damals wohnte. Er stieg ab, und da beim Rabbiner noch Licht brannte, ging er hinein. Anfangs verrichtete er in der Küche Dienstleistungen, Holzhacken, Wassertragen, das Herz voll Sehnsucht und im unausgesetzten Verlangen, zu persönlichen Dienstleistungen in die Nähe des Rabbi, eines Mannes von unnahbarer Strenge, zu kommen.

Dessen Lager war eine Mttull 86ti6l eimbulim, wie es die itlwellimll Tullarot, beschreibt, ans Strickflechtwerk und durfte nur von seinem Famulus hergerichtet werden. Einmal gelang es dem jungen Knaben, an seiner Stelle diese