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Rapaport, der ein großer Gelehrter war, fragte; Rebbe, wo steht das? antwortete er; Für den, der reine Augen hat, steht es in der Thora.
R. Mose Zakuto gebraucht den Vergleich mit den Miradori, obwohl deren Fähigkeit eine mehr als profane ist. Daß sie existirt, bezeugt nicht nur Baco von Verulam, Oken u. a. sondern ich habe selbst im Jahre 1880 in der N. Fr. Pr. einen Bericht gelesen, wonach ein gewisser Josef Groß ans München an einem Orte in Tirol die Existenz einer Quelle in der Tiefe von 715 Meter angegeben hat, die sich bei der Nachgrabung genau in dieser Tiefe vorgefunden hat. In der Thora wäre der Mann blind gewesen. Dagegen besaß R. Hirsch auch jene physische Fähigkeit, indem er dem Wassermangel in dein benachbarten Städtchen Korezyn dadurch abhalf, daß er die Stelle angab, wo ein Brunnen zn finden wäre, der bis auf den heutigen Tag besteht. Ebenso bei Erbauung seines eigenen Hauses ans Bergeshöhe, wo sich noch heute die von ihm bezeichnete unversiegbare Quelle befindet, die als Mikwa benutzt wird.
Nach alledem hatte R. Hirsch noch immer nicht jede Gegnerschaft überwunden ; denn Neid aus Ehrgeiz sind so edle Laster, daß man sie kaum von Tugend unterscheiden kann. Wir haben bereits die Besprechung des Run über das Geldnehmen bei den alten Propheten vorausgeschickt. R. Hirsch hatte in dieser Beziehung noch bei Lebzeiten seines Lehrers und später unter den Argusaugen des Ropczycer Rabbiners einen neuen und befremdlichen Modus Angeführt. Wer ihre in einer Angelegenheit auging, ob reich oder arm, mußte daraus gefaßt sein, daß er sich bedeutende Beträge ausbot, was in einen: Lande der Armnth und des Geizes ganz besonderes Aufsehen erregen mußte. Zwar wußte man, daß niemals bei ihm ein Groschen außerhalb einer Sammlung für Wohlthätigkeitszwecke übernachtete und er später der Großalmosenier Galiziens wurde, sodaß R. Meir Premyszlaner sagte: „Seit R. Hirsch gestorben, sind die Thore der 2äolroll (Wohl- thütigkeit) verschlossen", aber inan hatte einen Angriffspunkt. Als nun die Schüler und Nachfolger des Ropczycer Rabbiners sich an dessen Todestage zur Jahrzeit in Lancut (seiner vorigen Ruhestätte) versammelten, beschlossen sie, Schritte gegen ihn zu unternehmen. Zwar hatte R- Naftali ihn bereits bei Lebzeiten deswegen befragt und mehrere Antworten erhalten, die ihn beruhigten, und hatte selbst seiner Tochter, von der R. Hirsch sich bei Gelegenheit Geld ausgeboteu hatte, dringend gerathen ihm den verlangten Betrag zu geben, den er dann nicht mehr annehmcn wollte, wie es seine Gewohnheit war, wenn ihm nicht sofort willfahrt wurde; aber er selbst hatte eingestanden, daß er ihm den eigentlichen Grund nicht mitgetheilt habe. R. Hirsch fühlte das Unwetter, das sich über seinem Haupte zusammenzog, und sandte zu dem reichsten Kaufmann des Städtchens, ihm seine Pferde zur Verfügung zu stellen, so daß er gerade nach Lancut zu der über ihn berathenden Versammlung eintraf. Sein Erscheinen machte sofort die Anklage verstummen. Darauf sagte er den versammelten Rabbinern: „Es steht in der dieswöchentlichen Parsche: Iw tonn isell 6t amituu, nachdem schon früher dasselbe mit der Abwechslung st ncllirv ausgedrückt ist. Die Buchstaben Aln und /Ost als Kehllaute können verwechselt werden. Zuerst heißt es also: Ihr sollt Einer den Andern nicht betrügen. Dann heißt es nochmals: Ihr sollt Euren eigenen Wahrheitssinn nicht betrügen (^.mituu, seine Wahrheit), sondern die Motive eurer Handlungen prüfen, ob dieselben wirklich aus Gesetzeseiser oder aus persönlichen Ursachen entspringen". Die Versammlung schlug die Augen nieder, und fortan warseine Stellung als Oberhaupt gesichert, umsomehr, als die angesehensten alten Rabbiner, wie R. Mendel Kossower und der bereits früher verstorbene Zlbrahanc^üsus-Heschel-vrnr Mendziborz die größte Anerkennung für ihn ausgesprochen hatten.