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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Erlösung auf solche Art ihren Anfang nehmen soll, aber geschehe es, wie es will, damit wir nur einmal ihren Händen entrinnen. Das Uebrige wird sich dann schon finden."

Als dieser Ausspruch ruchbar und bei einem seiner Verwandten in Rußland einer herben Kritik unterworfen wurde, sagte er, als man ihm dies mittheilte:Habe ich mich etwa auf Verkündigungen vom Himmel berufen, oder daß es mir Engel zugetragen hätten? Mein Herz sagt mir, was war und was sein wird".

Uebrigens finden wir dieselbe Idee bereits im Or llaclwsiru des R. Chaim ben Atar in ?. llnlak, andere Autoritäten gar nicht zu erwähnen.

Geistreiche Sentenzen von ihm giebt es Legionen. Es ließe sich ein Buch darüber schreiben.

Wenn", sagte er,die Balbatim (kyurKeoi8) wüßten, welchen Nutzen ich ihren Kindern bringe, dann würden sie sie binden und auf die Wagen auflegen, die zu mir führen. Wäre es auch nur, daß ich sie reden lehrte." In der That hat er nicht nur die äußere Würde der Kleidung, Haltung und des Anstandes, sondern ganz besonders die Sprache beeinflußt, so daß selbst der Jargon seiner Laute eines gewissen Wohllautes nicht entbehrt, ganz abgesehen von der echt orien­talischen Schweigsamkeit und bemessenen Wortkargheit, die gegen das durch die Mischung des langsamen altdeutschen Dialektes mit dem rasend schnellen polnischen erzeugten Gelalle der Philister wohlthnend absticht. Als er am letzten Kolnidreabcnd in die Synagoge eintretend, die Hand auf die Mesnsa legte, hörte man ihn sagen: klnreru kapora« Kol ckwroe!". Er starb an Herzwassersucht, die er sich am letzten Jom Kippur (1850) nach dem Urtheile des berühmten Lemberger Arztes Dr. Jacob Rappaport dadurch zugezogen hatte, daß er einem brennenden Durstanfall widerstand und die 24 Stunden, ohne einen Tropfen Wasser zu nehmen, ausfastete. Die an­wesenden Rabbiner, deren Kopflosigkeit mein Lehrer R. Salomo Rabinowitz sel. A. in den schärfsten Ausdrücken verurtheilte, hatten es nicht gewagt, die vom Schulchan Aruch vorgeschriebene Erlaubniß für diesen Fall anzuwenden. Er beschränkte sich darauf, die Finger in eine Schale Wasser zu tauchen und den Dunst des Wassers einzuathmen, was das Leiden noch verschlimmerte. Die Unglückseligen konnten es nicht begreifen, daß der Körper dieses Mannes, trotz aller Unterwürfigkeit unter die Seele, dennoch von den allgemein gültigen Naturgesetzen abhängig sei. Er erholte sich nicht mehr und hauchte am 3. Marcheschwan seine edle Seele ans.

Auf dem Sterbelager sagte er:R. Inda Hanassi, berichtet der Talmud, hob vor seinem Tode die Hände zum Himmel und sagte: Ich habe (trotz fürst­lichen Aufwandes) von irdischen Dingen nicht einmal für meinen kleinen Finger Genuß gehabt. Ich sage, daß ich nicht einmal keokut da.88aara, wie Haaresbreite, davon genossen habe."

R. Scholem Rokeach von Belz. (17831855).

Der von Freund und Feind bewunderte Reichthum an Lebenskräften des Baumes, den man Judenthum nennt, beruht darauf, daß derselbe in Zeit und Raum seine Wurzeln durch Jahrtausende über alle Welttheile verbreitet hat, sodaß neben­einander Erscheinungen austreten können, deren Ursprung durch Jahrtausende und durch Oceane getrennt scheint.

Haben wir in R. Israel einen Salomo eu miniature kennen gelernt, so repräsentirte die äußere Erscheinung R. Scholems einen uralten hebräischen Hcroen- typns. Dieselbe war so auffallend, daß R. Mosche Löb Sassower, als er ihm als

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